Korruption und die Zweckentfremdung von Geldern sind ein weitverbreitetes Problem in der Ukraine. Für einen EU-Beitritt sollten Ermittlungsorgane der notorischen Bestechlichkeit in Verwaltung und Politik Einhalt gebieten. Ein vom Parlament verabschiedetes Gesetz ruft nun Kritik und Protest hervor.
Zwei Anti-Korruptions-Behörden in der Ukraine können künftig nicht mehr unabhängig arbeiten. Ein entsprechendes Gesetz hat das Parlament beschlossen. Damit werden das nationale Anti-Korruptions-Büro und die Anti-Korruptions-Staatsanwaltschaft dem Generalastaatsanwalt unterstellt, der wiederum von Präsident Wolodymyr Selenskyj ernannt wird.
Trotz breiter Kritik von Nichtregierungsorganisationen an den Plänen stimmten 263 Abgeordnete für das Gesetz, 13 Parlamentarier votierten dagegen und 13 weitere enthielten sich. Der Gesetzesentwurf muss nun von Präsident Selenskyj unterzeichnet werden, um in Kraft zu treten.
"Heute wurde mit den Stimmen von 263 Abgeordneten die Infrastruktur zur Korruptionsbekämpfung zerstört", sagte der Chef des nationalen Anti-Korruptions-Büros, Semjon Krywonos, vor Journalisten. Laut der ukrainischen NGO Anti-Corruption Action Center macht das Gesetz die Antikorruptionsbehörden weitgehend bedeutungslos, da der Generalstaatsanwalt "die Ermittlungen gegen alle Freunde" von Regierungschef Wolodymyr Selenskyj einstellen werde.
EU ist besorgt
Wir sind kategorisch dagegen", sagte Krywonos örtlichen Medien zufolge Journalisten in Kiew. Er bat Präsident Wolodymyr Selenskyj darum, das Gesetz nicht zu unterzeichnen. Es gefährde den angestrebten Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union. Am Abend versammelten sich mehrere Hundert vor allem junge Menschen in Sichtweite des Präsidentensitzes, um gegen das Gesetz zu protestieren. In Sprechchören forderten sie ein Veto des Präsidenten gegen das Gesetz.
Auch die EU äußerte angesichts der neuen Gesetzgebung Besorgnis. Die europäischen Institutionen gewährten der Ukraine "erhebliche finanzielle Unterstützung, die von Fortschritten in den Bereichen Transparenz, Justizreform und demokratische Regierungsführung" abhänge, erklärte Sprecher Guillaume Mercier kurz vor der Abstimmung.
Ex-Ministerpräsidentin Julia Timoschenko begrüßte hingegen die Verabschiedung des neuen Gesetzes. "Das ist für mich ein strahlender Tag in diesem Parlament. Denn das erste Mal haben wir uns davon überzeugt, dass die Kolonisierung der Ukraine kein Allheilmittel für all unsere Probleme ist", sagte Timoschenko von der Parlamentstribüne, meldete die Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine.
SBU geht gegen Antikorruptionsbüro vor
Erst am Montag hatte der Selenskyj unterstehende ukrainische Geheimdienst (SBU) nach eigenen Angaben einen Mitarbeiter des Anti-Korruptions-Büros wegen Spionage für Russland festgenommen. Der SBU beschuldigte den Verdächtigen, geheime Informationen an einen Sicherheitsmann des 2014 gestürzten ukrainischen Ex-Präsidenten Viktor Janukowitsch weitergegeben zu haben. Der Kreml-treue Janukowitsch lebt heute in Russland.
Kritiker hatten den Organen zur Korruptionsbekämpfung immer unterstellt, ein westliches Einflussmittel auf die ukrainische Politik zu sein. Nach der pro-europäischen Maidan-Revolution und dem Umsturz von 2014 ist in der Ukraine vor allem mit Hilfe von EU und USA ein System von Behörden zur Korruptionsbekämpfung geschaffen worden. Das ukrainische Anti-Korruptions-Büro sollte dabei helfen, die notorische Bestechlichkeit in Verwaltung und Politik zu bekämpfen.
Dennoch ist das osteuropäische Land der Nichtregierungsorganisation Transparency International zufolge weiter eines der korruptesten Länder Europas. Im Korruptionswahrnehmungsindex der Organisation landete die Ukraine 2024 auf Platz 105 von 180 Ländern.
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