Die Bundesländer hatten sich im Herbst 2023 auf die Einführung einer Bezahlkarte für Flüchtlinge geeinigt. Fast überall gilt eine Bargeldgrenze von 50 Euro pro Monat. Sozialleistungen sollen damit nicht mehr in bar, sondern in Form einer Geldkarte zur Verfügung gestellt werden. Mit der Karte sollen unter anderem Überweisungen ins Ausland verhindert werden.
Doch auch mehr als anderthalb Jahre nach dem Beschluss der Bundesländer, der eigentlich ihre Einführung fordert, wird die Karte höchst unterschiedlich in den Ländern geregelt. Wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes unter den Landesministerien ergab, wird die Karte längst nicht in allen Kommunen angewendet, auch wenn sie inzwischen alle Länder außer Berlin eingeführt haben. Teilweise sind technische Probleme der Grund, andernorts sperren sich auch Kommunen gegen das Bezahlsystem.
Insbesondere in den Flächenländern kommt die Karte der Umfrage zufolge aktuell vor allem in den Erstaufnahmeeinrichtungen zum Einsatz. Sie werden von den Ländern getragen, während die Unterbringung anerkannter Flüchtlinge danach die Kommunen verantworten.
Monatelanges Ringen um Details
So erhalten unter anderem in Rheinland-Pfalz bislang Asylbewerber in den landeseigenen Erstaufnahmestellen die Karte. Daneben haben Pirmasens und der Rhein-Pfalz-Kreis eigene Bezahlkartensysteme etabliert. „Kommunale Abrufe“ seien bislang nicht erfolgt, es sei aber in den kommenden Wochen damit zu rechnen, hieß es aus dem Integrationsministerium in Mainz, das monatelang mit den Kommunalverbänden um die Details der Karte gerungen hatte. Der rheinland-pfälzische Landkreistag bestätigte auf Nachfrage, dass sich fast alle Kommunen an dem System beteiligen wollten.
Auch in Nordrhein-Westfalen gibt es die Karte bislang nur in den Landesaufnahmeeinrichtungen. Die Kommunen können ebenso wie in Rheinland-Pfalz künftig entscheiden, ob sie die Bezahlkarte einführen oder nicht.
In Hessen wurden bis Ende Juni rund 6300 Karten ausgegeben, davon gut zwei Drittel in der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes, der Rest in einigen Kommunen. Die Frage nach dem erhofften Nutzen der Karte kann laut hessischem Integrationsministerium erst nach deren flächendeckender Einführung beantwortet werden.
Bayern und Sachsen-Anhalt melden eine flächendeckende Einführung
Das zuständige Ministerium in Schleswig-Holstein teilte mit, dass das Fehlen zuverlässig funktionierender Software-Schnittstellen die Verbreitung in die Kommunen hinein bislang verhindert habe. Nach Änderungen bei der Programmierung sollen dort nun Pilotprojekte starten. In Niedersachsen wehren sich Städte wegen befürchteten Mehraufwands gegen die Karte. Osnabrück prüft gar eine Klage vor dem Niedersächsischen Staatsgerichtshof. Eine flächendeckende Einführung meldeten Bayern und Sachsen-Anhalt.
Dass es bei der Bezahlkarte immer noch einen Flickenteppich gibt, stört offenbar auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU). Er hatte nach einem Treffen mit der bayerischen Landesregierung in dieser Woche zur Bezahlkarte gesagt: „Wir werden das in der Koalition nochmal auf den Prüfstand stellen und die Frage klären, ob wir da nicht zu einer einheitlichen Lösung kommen.“ Konkret sprach er von einer Änderung im Asylbewerberleistungsgesetz.
Bis auf Berlin, wo die Vorbereitungen zur Einführung der Bezahlkarte noch laufen, haben alle Länder die Karte eingeführt. Fast überall gilt auch die Bargeldgrenze von 50 Euro pro Monat, auf die sich die Regierungschefinnen und -chefs der Länder im vergangenen Sommer geeinigt hatten. Nur Rheinland-Pfalz und Bremen lassen deutlich höhere Barbeträge zu: 130 und 120 Euro.
Weniger Verwaltungsaufwand
Begründet wurde die Einführung der Bezahlkarte auch damit, dass sich absehbar der Verwaltungsaufwand bei der Auszahlung der Sozialleistungen an Flüchtlinge reduzieren würde. Dies bewahrheitet sich nach Angaben der Landesministerien, auch wenn sich die Einsparung aufgrund der kurzen Dauer der Einführung noch nicht beziffern lasse. Die Ministerien verweisen vor allem auf den bislang hohen Aufwand für Transport, Bewachung und monatliche Auszahlung der Leistungen in bar.
Die Hamburger Sozialbehörde teilte mit, dass sich Verwaltungsmitarbeitende bereits verstärkt anderen Aufgaben widmen könnten. Aus Rheinland-Pfalz hieß es darüber hinaus, dass man feststellen könne, dass es das „subjektive Sicherheitsgefühl“ der Bewohnerinnen und Bewohner von Aufnahmeeinrichtungen steigere, die Leistungen auf der Karte statt komplett in bar zu haben.
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