Im Süden Syriens werden über mehrere Tage mehr als 500 Menschen bei Kämpfen zwischen Drusen sowie Beduinen und Regierungstruppen getötet. Dort gibt es nun offiziell einen Waffenstillstand - aber in der Stadt Suwaida herrscht ein Klima der Angst.

Die syrische Stadt Suwaida ist nach Tagen tödlicher Kämpfe von wichtigen Versorgungsleistungen abgeschnitten. Einwohner beschreiben eine Stadt unter Schock. Die Hochburg der drusischen Minderheit war zum Schauplatz blutiger Auseinandersetzungen zwischen Drusenmilizen einerseits und sunnitischen Beduinen und Regierungstruppen andererseits geworden.

Nach jüngsten Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte kamen bei den Auseinandersetzungen 516 Menschen ums Leben. Die Beobachter korrigierten die Opferzahlen am Tag nach der Waffenruhe um Dutzende nach oben. Neben Kämpfern starben demnach auch etliche Zivilisten, darunter Frauen, Kinder und alte Menschen.

"Es war wie ein wahr gewordener Alptraum", sagte eine Drusin aus der Stadt. Häuser seien in Trümmer gelegt worden, Menschen in Trauer oder auf der Flucht.

Massive Menschenrechtsverletzungen

Unter den Opfern ist nach Angaben von Menschen vor Ort auch ein vierjähriges Mädchen namens Leen, das nahe seinem Wohnort im Stadtzentrum von einem Geschoss getroffen worden sein soll. "Sie war gerade mit ihrem Malbuch beschäftigt, als es anfing", sagte ihr Onkel am Telefon und fügte hinzu: "Sie starb in den Armen ihrer Mutter, bevor Hilfe eintreffen konnte."

Auch nach dem Ende der Kämpfe war nach Angaben von Menschen vor Ort die Wasser- und Stromversorgung abgeschnitten. Das Krankenhaus in der Stadt musste nach Angaben des Leiters der lokalen Gesundheitsbehörde wegen Schäden geschlossen werden. Auch Bäckereien und Märkte blieben zunächst zu.

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte machte die syrischen Regierungstruppen für schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich, darunter die Hinrichtung von 83 drusischen Zivilisten. Ihre Leichen seien an Straßenrändern hinterlassen worden, teils gefesselt oder verbrannt. "Überall waren Leichen", sagte ein freiwilliger Helfer des Zivilschutzes in der Stadt. Drei Mitglieder eines Beduinenstamms, darunter eine Frau und ein Kind, wurden demnach von drusischen Kämpfern exekutiert.

Israel griff in Konflikt ein

Sunnitische Beduinen sollen aus Furcht vor Vergeltungsaktionen von Drusen mehrere Stadtviertel verlassen haben. "Beide Seiten leben in Angst und Unsicherheit in Suwaida", sagte der Leiter der in Großbritannien ansässigen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdel Rahman.

Israel hatte auf Seite drusischer Milizen in den Konflikt eingegriffen und unter anderem Regierungsgebäude in Damaskus bombardiert. Syriens Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa warf Israel vor, sein Land in einen Krieg verwickeln zu wollen. In einer Ansprache teilte er mit, die Regierungstruppen hätten die Verantwortung wieder an lokale Milizen übergeben und versprach, die Täter von Verbrechen zur Verantwortung zu ziehen.

Die Drusen sind eine religiöse Minderheit, die aus dem schiitischen Islam entstanden ist. Sie leben in Israel, Jordanien, dem Libanon und Syrien. In Israel leisten sie anders als die meisten muslimischen und christlichen Araber Militärdienst und spielen dort eine bedeutende Rolle in der Armee. In ihrer syrischen Hochburg Suwaida genossen sie während des Bürgerkriegs teils weitgehende Autonomie. Der von sunnitischen Islamisten geführten neuen Zentralregierung in Damaskus stehen viele Drusen skeptisch gegenüber.

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