Das Gesundheitsministerium tauscht in den Masken-Prozessen erneut Anwälte aus. Nach nur wenigen Wochen fliegt eine Kanzlei wieder raus, eine andere kehrt zurück. Das Hin und Her führt zu hohen Zusatzkosten.
In den Gerichtsverfahren zu den teuren Einkäufen von Coronamasken sorgt das Bundesgesundheitsministerium mit häufigen Wechseln seiner Anwälte für Verwunderung und Mehrkosten. So sind die Mandate für die erst Anfang des Jahres angeheuerte Berliner Kanzlei JBB nach Informationen des Magazins "Capital" vor kurzem schon wieder beendet worden. Das Ministerium beschäftigt in den Maskenprozessen derzeit nach eigenen Angaben fünf Kanzleien, zumeist Großkanzleien. Wie es auf Anfrage mitteilte, hat es seit 2020 für externe Rechtsberatung bereits 88 Millionen Euro bezahlt.
In den aktuell mehr als 80 Verfahren vor mehreren Gerichten geht es um nicht bezahlte Masken im Wert von 2,3 Milliarden Euro. Hinzu kommen Zinsen von mehr als 1 Milliarde Euro. Die Beauftragung von JBB, einer vor allem für ihre Expertise in IT- und Urheberrecht anerkannten, eher kleinen Kanzlei, war noch unter dem sozialdemokratischen Gesundheitsminister Karl Lauterbach erfolgt. Damals schied der Beratungsriese PwC aus einer Reihe von Mandaten aus.
Möglicherweise ging der Wechsel zu JBB zurück auf Empfehlungen der von Lauterbach eingesetzten Sonderbeauftragten Margaretha Sudhof, die die Maskenverträge unter Ex-Minister Jens Spahn untersuchen sollte. Sudhofs Bericht mit scharfer Kritik an Spahns Management des Maskeneinkaufs schlägt seit Wochen hohe Wellen.
Mandatiert war JBB in mindestens einem Dutzend Verfahren. Die Anwälte übernahmen manch eines der Mandate jedoch erst zu einem späten Zeitpunkt des Verfahrens - kurz bevor das Gericht seine Entscheidung verkündete. In mehreren Verfahren mit hohem Streitwert vor dem Oberlandesgericht Köln fiel nur durch die Mandatsaufnahme der neuen Kanzlei eine Geschäftsgebühr in sechsstelliger Höhe an.
Der Berliner Anwalt Christoph Partsch von der Kanzlei Partsch & Partner sagte dazu, allein in vier Fällen, in denen er die Kläger vertrete, seien dadurch für den Bund Zusatzkosten von rund einer halben Million Euro entstanden. Ein Wechsel der Anwälte zu diesem späten Zeitpunkt sei "reine Geldverschwendung".
Kehrtwende unter Warken
Unter der neuen, christdemokratischen Gesundheitsministerin Nina Warken folgte zum Monatswechsel die Kehrtwende. Anstelle von JBB übernahmen die Beratungskonzerne PwC und Deloitte wieder ihre früheren Mandate. In mehreren Verfahren handelte es sich bereits um den zweiten oder sogar dritten Austausch der Rechtsvertreter für das Ministerium. Dabei müssen sich die neuen Anwälte stets in sehr komplexe, teils Tausende Seiten Unterlagen umfassende Verfahren einarbeiten. In manchen Fällen hörten die Kläger nicht viel von den neuen Anwälten - abgesehen von dem Schreiben, in dem sie anzeigten, die Rechtsvertretung des Bundes übernommen zu haben, und Anträgen auf Akteneinsicht.
Auf Fragen von "Capital" zu dem erneuten Austausch seiner Anwälte teilte das Gesundheitsministerium mit, es äußere sich nicht zu "einzelnen Mandatierungen von Anwaltskanzleien". Auch die Kanzlei JBB äußerte sich unter Verweis auf Verschwiegenheitspflichten nicht zu den Maskenmandaten.
In den seit 2020 laufenden Maskenverfahren in Deutschland und Schiedsverfahren in China hat das Gesundheitsressort bereits eine ganze Riege an Topkanzleien beschäftigt - teils, weil die zuständigen Partner die Kanzlei wechselten und die Mandate mitnahmen. Zwischenzeitlich waren es die Rechtsberatungsarme von EY, PwC und Deloitte sowie CMS Hasche Sigle, Flick Gocke Schaumburg und Dentons - und eben für wenige Wochen JBB.
Hinzu kommt eine spezielle Kanzlei für Verfahren am Bundesgerichtshof. Das höchste Zivilgericht will "im Laufe des Jahres" über sechs Masken-Verfahren entscheiden, in denen der Bund in der Vorinstanz am Kölner Oberlandesgericht unterlegen war, wie es auf Anfrage mitteilte.
Vorgehen schon länger in der Kritik
Masken-Sonderermittlerin Sudhof hatte die Verteilung der Verfahren auf eine Vielzahl an Kanzleien sowie die von den Beratern verfolgte Prozessstrategie schon früh kritisiert. Auf Sudhof geht auch eine neue Verteidigungslinie vor Gericht zurück, wonach der vom Ministerium gewährte Preis von 4,50 Euro netto pro Maske in einem speziellen Einkaufsverfahren gegen öffentliches Preisrecht verstoßen habe. Deshalb dürften die Lieferanten selbst im Fall eines Erfolgs vor Gericht weniger Geld bekommen.
Ob sich der Bund mit dieser Argumentation durchsetzt, muss sich aber noch zeigen. Zuletzt wiesen die Kölner Oberlandesrichter diese erst spät in den Verfahren vorgetragene neue Linie zurück. In der Vergangenheit hatte das Gesundheitsministerium ausdrücklich betont, es habe nicht gegen Preisrecht verstoßen.
Die Empfehlung, die rechtliche Vertretung des Bundes in den Prozessen stärker zu bündeln, findet sich auch in Sudhofs Abschlussbericht. Schon im Januar hatte das damals noch von Lauterbach geführte Ministerium gegenüber "Capital" erklärt, dass es das Ziel sei, "die Prozessvertretung zu straffen und die Zahl der mandatierten Anwaltskanzleien zu reduzieren". Doch als seinerzeit PwC aus zahlreichen Mandaten ausschied, schaltete das Ministerium mit JBB eine völlig neue Kanzlei an. Nach deren Intermezzo kehrt nun PwC in mehreren Verfahren als Rechtsvertreter des Bundes zurück.
Dieser Text erschien zuerst bei capital.de
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