Kurz vor der Sommerpause leistet sich Schwarz-Rot einen Eklat im Bundestag. Die Wahl von drei Verfassungsrichtern sollte eigentlich eine reine Formsache werden. Doch dann eskaliert der Streit um die SPD-Kandidatin Brosius-Gersdorf in der Absage der Wahl. Nun will die SPD offenbar auf die Union zugehen.

Nach der vorerst gescheiterten Wahl dreier Verfassungsrichter durch den Bundestag will die SPD ihre umstrittene Richter-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf einem Bericht zufolge vor der Unionsfraktion auftreten lassen. Brosius-Gersdorf, deren Wahl am Freitag geplatzt war, soll persönlich vor die Unionsfraktion treten und mit den Abgeordneten von CDU und CSU über ihre Kandidatur sprechen. Dies geht aus einem Vorabbericht der "Bild am Sonntag" hervor.

Den Angaben zufolge hatte SPD-Fraktionschef Matthias Miersch bei einer am Freitagabend per Videoschalte einberufenen SPD-Fraktionssitzung die Idee eines direkten Treffens zwischen Brosius-Gersdorf und der Unionsfraktion unterbreitet. Er stünde mit Brosius-Gersdorf in engem Kontakt, sagte Miersch demnach und erklärte, diese wolle an ihrer Kandidatur festhalten.

Ein SPD-Abgeordneter aus der Fraktionsspitze sagte der Zeitung: "Wir hoffen, dass die Bedenken gegen Brosius-Gersdorf bei dem Termin in der Unionsfraktion ausgeräumt werden können. Viele ihrer Positionen wurden völlig verdreht dargestellt." Die SPD rechnet den Angaben zufolge damit, dass die Union das Gesprächsangebot annehmen wird.

Der Bundestag hatte am Freitag eigentlich über die Neubesetzung von drei Richterposten beim Bundesverfassungsgericht befinden sollen. Die Unionsfraktion forderte aber kurzfristig die Absetzung der Wahl der SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf und verwies auf Plagiatsvorwürfe. Nach anderthalbstündigen Krisengesprächen zwischen den Koalitionspartnern Union und SPD wurden schließlich alle drei geplanten Richterwahlen von der Tagesordnung genommen.

"Kein guter Tag für die Demokratie"

Die Sozialdemokraten kritisierten den konservativen Koalitionspartner daraufhin scharf. Der erste parlamentarische Geschäftsführer Dirk Wiese sah als Problem, "dass die Unionsführung die nötige Mehrheit in ihren eigenen Reihen nicht sicherstellen konnte". Vizekanzler Lars Klingbeil forderte nach der gescheiterten Richterwahl "Führung und Verantwortung" in der Koalition. Beides dürfe nicht nur "in Sonntagsreden" angekündigt werden, sagte er im Bundestagsplenum. Der SPD-Chef nannte dabei aber nicht explizit Kanzler Friedrich Merz oder Unionsfraktionschef Jens Spahn.

Die Opposition sah die Koalition in einer tiefen Krise und warf ihr vor, das Ansehen von Parlament und Verfassungsgericht beschädigt zu haben. Auch aus der Union kam Bedauern über die Vorgänge: "Das ist kein guter Tag für die Demokratie, den Bundestag und das Bundesverfassungsgericht", sagte Bundestagsvizepräsidentin Andrea Lindholz von der CSU der "Welt am Sonntag".

Gegen die Juristin Brosius-Gersdorf hatte es zuvor massive Vorbehalte aus den Reihen der Union gegeben. Aus Sicht mancher Abgeordneter habe sie eine zu liberale Haltung zu Abtreibungen und eine zu positive Haltung zu einer Impfpflicht während der Corona-Pandemie gezeigt. Zuletzt brachten Unionskreise Plagiatsvorwürfe auf, die auf Veröffentlichungen des umstrittenen Plagiatsjägers Stefan Weber beruhten. Dieser selbst gab später an, lediglich auf Übereinstimmungen zwischen der Dissertation Brosius-Gersdorfs und der Habilitationsschrift ihres Ehemanns hingewiesen zu haben. Einen Plagiatsvorwurf habe er nicht erhoben.

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