Der ewige Zwist um Patriot-Systeme und Flugabwehrraketen hat derzeit so etwas wie Hochkonjunktur. Niemand will etwas an die von besonders schweren Luftangriffen betroffene Ukraine abgeben, jeder sorgt sich um die eigenen Bestände, die teilweise kritisch sein sollen. Die Konzerne steigern derweil fieberhaft die Produktion.

Zehn Flugabwehrraketen - diese geringe Anzahl will US-Präsident Donald Trump angeblich derzeit an die Ukraine abgeben. Von einem "schlechten Scherz" sprach anschließend ein ukrainischer Offizier gegenüber der "Times". Das reiche nicht mal für eine Schlacht. Laut "Guardian" sollen die USA nur noch über etwa 25 Prozent der Patriot-Flugabwehrraketen verfügen, die sie für alle militärischen Pläne des Pentagon benötigen.

Die Lager der Vereinigten Staaten sind also wohl nicht fast leer, aber umso unzufriedener Washington mit den Beständen ist, umso geringer dürfte auch die Motivation sein, die Ukraine auszustatten. Patriot-Flugabwehrraketen sind in dem von Russland angegriffenen Land Mangelware und fast die einzige Möglichkeit, um angreifende ballistische Raketen zu eliminieren. Jede Nacht schicken die Kreml-Streitkräfte derzeit mehrere davon bei den schwersten Luftangriffen seit Beginn der Invasion.

Es gibt vor allem zwei Patriot-Raketentypen, die gut gegen ballistische Raketen geeignet sind: PAC-2 GEM-T und PAC-3 MSE. Erstere wird vom US-Rüstungskonzern Raytheon produziert. Dieser teilt auf Nachfrage von ntv.de mit, die monatliche Produktion von PAC-2 GEM-T-Abfangraketen bis 2028 um 150 Prozent steigern zu wollen. Konkrete Produktionszahlen möchte Raytheon nicht nennen, laut Militärportalen soll die Zahl Anfang 2024 bei 240 Raketen pro Jahr gelegen haben.

"Raytheon stockt sein Personal in der Raketenendmontage auf und baut mit internationalen Partnern Zweit- und Drittlieferanten auf, um die Produktion von GEM-T-Raketen zu maximieren." Es gebe eine "beispiellose Nachfrage", sagt Raytheon-Europasprecher Hervé Tilloy.

Auch der Hersteller der Abwehrraketen vom Typ PAC-3 MSE, Lockheed Martin, spricht von einem sprunghaften Anstieg der Nachfrage. "Wir haben die Produktionsraten von PAC-3 MSE kontinuierlich erhöht, unter anderem von 300 auf mehr als 500 PAC-3 MSE pro Jahr innerhalb von drei Jahren", teilt Sprecherin Allison Smith ntv.de mit. Für 2025 sei eine 20-prozentige Steigerung geplant und bis 2027 eine "erhebliche Steigerung". Darüber hinaus würden weitere Investitionen geprüft, um die Produktionskapazität noch weiter zu erhöhen und die Lieferung von PAC-3 MSE an die US-Armee und internationale Partner zu beschleunigen.

Nachfrage übersteigt das Angebot

Demnach dürften dieses Jahr wohl unter 1000 PAC-2 GEM-T und PAC-3 MSE produziert werden. Die Zahlen lassen erahnen, dass es anscheinend nicht möglich ist, die Lager von Kunden wie den USA und Deutschland aufzufüllen. Jedenfalls nicht, solange es von dort einen stetigen Abfluss in die Ukraine gibt, wo bei schweren Angriffen diverse Patriot-Flugabwehrraketen pro Nacht verbraucht werden. Hinzu kommt: Die US-Hersteller müssen auch Kunden in Asien und anderswo bedienen.

Mykola Beleskow, leitender militärpolitischer Analyst bei der Nichtregierungsorganisation Come Back Alive, sagte kürzlich der ARD, es lägen Zahlen vor, wonach Russland bis zu 700 ballistische Kurzstreckenraketen vom Typ Iskander pro Jahr selbst herstellen kann. Hinzu kämen Hunderte weitere Raketen aus Nordkorea.

Aktuell tobt eine Debatte, wer der Ukraine komplette Patriot-Systeme abgeben kann - also nicht nur die nötigen Raketen. Sowohl die USA als auch Deutschland zeigen sich bislang nur offen für eine Finanzierung, wollen aber am liebsten selbst keine Einheiten abgeben. Das Bundesverteidigungsministerium wollte sich auf Anfrage von ntv.de aus "Gründen der militärischen Sicherheit" nicht dazu äußern, wie es um die Bestände von Patriot-Flugabwehrraketen hierzulande bestellt ist. Washington brachte als potenzielle Lieferanten jüngst Spanien oder Griechenland ins Spiel.

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