Seit Beginn der verschärften Grenzkontrollen unter Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) sind bislang nur wenige Asylsuchende juristisch gegen ihre Zurückweisung vorgegangen. Nach Informationen des „Stern“ liegen dem Bundesinnenministerium aktuell sechs Klagen vor. Drei Menschen aus Somalia hatten im Mai vor dem Verwaltungsgericht Berlin bereits Recht bekommen. Ein Sprecher des Ministeriums sagte der Zeitung, aktuell seien „drei weitere gerichtliche Verfahren im Zusammenhang mit der Zurückweisung von Asylsuchenden anhängig.“

Das Berliner Verwaltungsgericht hatte am 2. Juni in einer Eilentscheidung in den Fällen von drei Somaliern entschieden, dass die von der Bundesregierung forcierte Praxis der Zurückweisung an den Grenzen rechtswidrig ist. Es stützt damit die Argumentation zahlreicher Juristen und Kritiker, dass Deutschland bei Asylgesuchen auch bei Einreisen aus einem sicheren Drittstaat aufgrund des europäischen Dublin-Abkommens zumindest verpflichtet ist, zu prüfen, welcher Mitgliedstaat für das Asylverfahren zuständig ist und nicht einfach zurückweisen darf.

Das Berliner Verwaltungsgericht hatte in seiner Eilentscheidung moniert, dass die Begründung für die Anwendung von Artikel 72, einer Ausnahmeregel im europäischen Recht, nicht ausreichend sei. Innenminister Dobrindt erklärte anschließend, es sei nun am Europäischen Gerichtshof über die Rechtmäßigkeit der Zurückweisungen zu entscheiden. Der Ministeriumssprecher sagte dem „Stern“, die Begründung für die Inanspruchnahme des Artikels 72 werde man „im Hauptsacheverfahren beibringen“.

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Alexander Throm, sagte dem Magazin dazu: „In unserem Rechtsstaat ist es selbstverständlich, dass Gerichte angerufen werden können.“ Dies sei bei den Zurückweisungen zu erwarten gewesen. „Es handelt sich aber um eine grundsätzliche europarechtliche Frage, die dann auch nur vom Europäischen Gerichtshof geklärt werden kann“, sagte Throm.

Der Vize-Fraktionschef der Grünen, Konstantin von Notz, kritisierte, die Rechtsauffassung des Bundesinnenministeriums sei „abwegig“. Bis heute könne das federführende Haus maßgebliche Fragen nicht beantworten. „Mit Nachdruck fordern wir Innenminister Dobrindt noch einmal dazu auf, von den Zurückweisungen Abstand zu nehmen und die versprochenen, längst überfälligen Begründungen der Maßnahmen nachzuliefern“, sagte er gegenüber „Stern“.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke