Im Streit um die Stromsteuer enttäuscht Schwarz-Rot selbst geweckte Erwartungen. Sie nicht für alle zu senken, ist aber eine sehr vertretbare Entscheidung. Bei der Mütterrente könnte die Regierung gleich weitermachen.
Die Bundesregierung hat entschieden: Die Stromsteuer wird nur teilweise gesenkt, nur produzierendes Gewerbe sowie Land- und Forstwirtschaft werden entlastet. Der Rest der Wirtschaft und die Privatverbraucher gehen leer aus. Obwohl Union und SPD es anders angekündigt hatten. Mit diesem Hin und Her hat sich die Regierung in die Nesseln gesetzt. Gelungene Kommunikation geht anders. Doch in der Sache ist die Entscheidung richtig.
Insbesondere für Privatverbraucher hätte die Senkung der Stromsteuer kaum etwas gebracht. Es klingt beeindruckend, wenn Politiker sagen: Wir haben die Menschen um fünf Milliarden Euro "entlastet". Doch auf den Einzelnen umgelegt kommen nur Kleckerbeträge dabei heraus. Wie Verivox ausgerechnet hat, hätte eine Familie mit einem Jahresverbrauch von 4000 Kilowattstunden Strom im Jahr 93 Euro gespart, ein Single 35 Euro. Das sind aufgerundet zwischen 3 und 8 Euro im Monat. Selbst für Geringverdiener wäre das nur eine sehr kleine Entlastung. Für den Staat reißt es dagegen ein Milliardenloch in die Kasse.
Das gleiche gilt für die Mütterrente. Die geplante Erhöhung wird 5 Milliarden Euro kosten. Es gibt durchaus gute Gründe dafür: Der Staat will die Erziehungszeiten von Müttern anerkennen, die für die Erziehung zu Hause geblieben sind und keiner Lohnarbeit nachgegangen sind. Das ist ein richtiger Ansatz. Und hier geht es nicht um Kleckerbeträge. Immerhin rund 100 bis 120 Euro pro Kind und Monat sind drin.
Mehr Treffsicherheit wünschenswert
Aber müssen wirklich alle diese Mütterrente bekommen? Jede Mutter hat automatisch Anspruch darauf, auch die Zahnarztgattin, die in Passau im abbezahlten Haus lebt. Etwas mehr Treffsicherheit wäre wünschenswert. Denn die Mütterrente macht vor allem Sinn als Instrument gegen Altersarmut. So ist sie aber überhaupt nicht konzipiert. Wer in der Grundsicherung ist und damit am ärmsten, bekommt durch die Mütterrente nichts obendrauf. Sie wird voll angerechnet.
Hinzu kommt: 61 Prozent der Rentner haben neben der Rente zusätzliche Einkünfte, wie der Alterssicherungsbericht der Bundesregierung zeigt. Tatsächlich haben die meisten Rentnerinnen und Rentner mehr Geld als die Rente. Kurzum: Für viele der heutigen Rentnerinnen ist die Mütterrente ein nice to have - aber keine bittere Notwendigkeit. Ist es der sinnvollste Weg, in so einer Lage die Gießkanne für alle herauszuholen? Wäre es nicht besser, die gezielter zu unterstützen, die tatsächlich von Altersarmut bedroht sind?
Klar, Pauschalleistungen sind angenehm unkompliziert. Die Mütterrente ist auch nicht die einzige Pauschalleistung. Auch das Kindergeld wird pauschal an alle gezahlt. Aber das heißt nicht, dass man es immer so machen muss.
Ein drittes Beispiel wäre noch die Mehrwertsteuer in der Gastronomie, die von 19 auf 7 Prozent gesenkt werden soll. Ein Essen von 20 Euro wird um 2,40 Euro billiger. Ja, das ist nicht nichts. Aber geht man deswegen wirklich öfter essen? Und erhöht das wirklich die Einkünfte der Gastronomen?
In die Zukunft investieren
Diese ganze Art der Politik greift zu kurz. Es ist eine Politik der kleinen Geschenke, mal hier 10 Euro oder auch mal dort 100 Euro für eine bestimmte Gruppe. Natürlich freut sich jeder über eine Entlastung. Aber der Staat muss auch an die Zukunft aller denken.
Stellen wir uns vor, der Staat hat zehn Milliarden Euro übrig und möchte etwas für Rente und Energiemarkt tun. Etwas, das die Renten stabilisiert und etwas, das Strom günstiger macht.
Man könnte fünf Milliarden Euro in die neue Aktienrente stecken, damit sie schneller Erträge für alle erwirtschaftet. Norwegen macht das schon lange und fährt gut damit. Die anderen fünf Milliarden Euro könnte man in den Netzausbau oder die Förderung erneuerbarer Energien geben. Je mehr erneuerbare Energien wir haben und desto besser unsere Netze sind, desto eher sinkt auch der Strompreis. Beides wäre eine Investition in die Zukunft.
Das sind nur zwei Ideen, es gäbe noch andere, sicher auch bessere. Aber eine Politik des Klein-Klein, der Geschenke an Wählergruppen mit der Gießkanne verteilt, muss es nicht sein, sollte es nicht sein. So löst man keine Probleme, so doktert man bloß herum.
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