Seit dem tödlichen Einsturz eines Bahnhofsvordachs in Serbien wächst die Wut über die verbreitete Korruption im Land. Jetzt erreicht die Protestbewegung einen weiteren Höhepunkt: Bei einer Großdemo fordern Zehntausende einen Regierungswechsel, am Abend kommt es zu Zusammenstößen mit der Polizei.
In Serbien haben am Samstag erneut zehntausende Menschen gegen die Regierung und für Neuwahlen demonstriert. Nach Angaben der Organisation Archiv öffentlicher Versammlungen, die die Größe von Protestkundgebung in Serbien schätzt, versammelten sich rund 140.000 Menschen auf dem Slavija-Platz in Belgrad. Die Polizei meldete viel weniger, nach ihren Angaben beteiligten sich lediglich 36.000 Menschen an der Demonstration. Am Abend kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei.
Die Menschen waren aus dem ganzen Land nach Belgrad gereist: Viele hielten serbische Flaggen und Schilder mit den Namen ihrer Heimatorte hoch. Zu Beginn der Kundgebung sangen sie die Nationalhymne. Für die Opfer eines Unglücks am Bahnhof von Novi Sad, das die landesweiten Proteste im vergangenen November ausgelöst hatte, wurde eine Schweigeminute abgehalten. Die Demonstration blieb stundenlang friedlich. Am Abend warfen einige Demonstranten, die sich Anhängern von Präsident Alexander Vucic entgegenstellen wollten, Leuchtraketen auf die Polizei. Diese ging daraufhin mit Tränengas und Blendgranaten gegen Demonstranten vor.
Seit mehr als einem halben Jahr gehen in Serbien Menschen friedlich gegen Machtmissbrauch und den autoritären Regierungsstil von Präsident Alexander Vucic auf die Straße. Die Protestbewegung begann nach dem Einsturz eines Bahnhofsvordachs in Novi Sadim November vergangenen Jahres, 16 Menschen starben damals. Zunächst ging es um die Unglücksursache, später richteten sich die vor allem von Studierenden getragenen Kundgebungen gegen die Regierung und die weit verbreitete Korruption im Land. Inzwischen werden bei den Protesten Neuwahlen gefordert. An der bisher größten Demonstration hatten sich Mitte März rund 300.000 Menschen beteiligt, unter ihnen Lehrer, Arbeiter und Landwirte.
Vucic macht das Ausland verantwortlich
Die Regierung steht wegen der Demonstrationen stark unter Druck. Die Studierenden, die die Proteste organisiert haben, stellten Präsident Aleksandar Vucic ein Ultimatum, bis Samstagabend um 21.00 Uhr Neuwahlen auszurufen. Vucic hatte die Forderung bereits am Freitag zurückgewiesen und erklärt, dass vor Ende 2026 nicht gewählt werde. Vucic bezeichnete die Proteste zudem erneut als vom Ausland gesteuert: "Die ausländischen Mächte haben durch lokale Handlanger ein Ultimatum gestellt", sagte er. Schon früher hatte er behauptet, die Protestbewegung werde durch kroatische Geheimdienste und Medien aus dem Kosovo gesteuert.
Unweit der Großkundgebung der Studierenden auf einem großen Platz im Stadtzentrum versammelten sich am Samstag auch tausende Unterstützer des Präsidenten. Vucic heizte die angespannte Lage mit Warnungen vor gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den beiden Lagern noch weiter an. Gegen Ende der Studentenproteste werde es zu "Gewalt kommen", warnte der Präsident.
Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke