Auf dem SPD-Parteitag in Berlin hält Olaf Scholz seine Abschiedsrede auf seine Jahre als Bundeskanzler. "Es war eine große Zeit und wir haben für unser Land etwas bewegt", sagt er. Für ihn ist klar: Am besten ist es, wenn die CDU nicht regiert.

Am Ende gibt es langen und herzlichen Applaus. Olaf Scholz ist offenkundig etwas gerührt. Der Ex-Kanzler hatte zuvor in einer Rede Bilanz gezogen, seiner Partei gedankt und ihr versprochen, er habe vor, "ein ehemaliger Kanzler zu sein, über den sich die SPD immer freut". Da bricht Gelächter aus auf dem SPD-Parteitag in Berlin. Mit dem letzten sozialdemokratischen Bundeskanzler, Gerhard Schröder, hatte die SPD in dieser Hinsicht bekanntlich nicht so viel Glück, aber davon spricht Scholz natürlich nicht.

Von Scholz verabschiedet sich die SPD im Frieden, trotz des desaströsen Wahlergebnisses vom Februar. Bevor er seine Rede hält, wird auf dem Parteitag ein Film gezeigt, der den Ex-Kanzler würdigt. Applaus brandet auf, als der berühmte Satz vom November 2024 kommt, mit dem Scholz verkündet, dass er die Koalition beendet hat. "Ich habe den Bundespräsidenten soeben um die Entlassung des Bundesministers der Finanzen gebeten." Der Beifall kommt von Herzen.

Auch Scholz weint der Zusammenarbeit mit dem damaligen Finanzminister Christian Lindner keine Träne nach. "Wir hätten gerne weiterregiert, und ich auch", sagt er. Aber er sei froh, dass die SPD jetzt mitregiere und Dinge durchsetzen könne. Er lobt die Grundgesetzänderungen zur Schuldenbremse und zum Sondervermögen für die Infrastruktur.

"Das ist eine interessante Rechnung"

Im Wahlkampf war das für Scholz ein großes Thema: Ihm war wichtig, dass nicht im Inland gekürzt wird, um Verteidigungsausgaben und Unterstützungsleistungen für die Ukraine finanzieren zu können. Mit dieser Botschaft kam er nicht durch. Und nun hat sein Nachfolger Friedrich Merz einen finanziellen Spielraum, den er selbst nicht hatte.

All dies sagt Scholz nicht, es ist ohnehin klar. Nur so viel: Wenn "sehr gut Verdienende" darüber nachdenken würden, was man tun könne, um die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands zu stärken, "dann kommen sie interessanterweise meist auf Steuersenkungen", so Scholz ironisch. "Das ist eine interessante Rechnung." Man kann sich denken, wen Scholz da im Kopf hat: Merz.

Bitterkeit, wenn er sie verspürt haben sollte, lässt er sich nicht anmerken. Wie beiläufig erwähnt Scholz die Summe, an der die Ampel scheiterte. 15 Milliarden Euro, "um nicht das eine gegen das andere auszuspielen", also Geld für die Unterstützung der Ukraine gegen eine Finanzierung von Aufgaben im Inland.

"Es war keine große Zeit"

Ausdrücklich lobt Scholz die Ampel, weil sie ohne die CDU/CSU gebildet werden konnte. In Deutschland habe "immer eine gewisse Selbstverständlichkeit" geherrscht, dass die Union Regierungspartei sei. Auch deshalb sei er "dankbar, dass wir einmal die Chance genutzt haben, Modernisierung in diesem Land möglich zu machen, die ohne diese Regierungskonstellation nicht möglich geworden wäre". Es ist einer dieser Scholz-Sätze, in denen die Kernbotschaft leicht verschleiert wird. Regieren ohne CDU ist besser, das ist es, was Scholz sagen will.

Aber er kann auch kurze Sätze: "Es war eine große Zeit und wir haben für unser Land etwas bewegt." Konkret erwähnt er das Selbstbestimmungsrecht und das Staatsbürgerschaftsrecht. "Das haben wir durchgesetzt, und das wird nicht rückabgewickelt."

Bei allen Problemen in der Ampel sei es "richtig und gut" gewesen, den Aufbruch zu wagen. Überhaupt, die Wörter "dankbar", "richtig" und "miteinander" kommen vermutlich am häufigsten in dieser Rede vor. Die ersten beiden richten sich an die Partei und an seine eigene Arbeit, das dritte, "mit-ein-ander", wie Scholz es ausspricht, ist seine Botschaft an die Partei.

Respekt auch ohne Karriere

Es ist sein alter Slogan vom "Respekt", den er unterstreicht. Am Freitag sei viel von sozialem Aufstieg gesprochen worden, der durch SPD-Politik möglich geworden sei, und das sei auch gut. Aber Scholz will, dass die SPD auch den Leuten Respekt entgegenbringt, die keine Lust oder keine Möglichkeit haben zu studieren. "Es ist eine absurde Vorstellung, dass die Gesellschaft die Probleme der einzelnen nur löst, indem sie Karriere machen." Eine Kassiererin müsse auch noch in dreißig Jahren in Rente gehen können, auf ihr Leben zurückblicken und sagen: "Das ist gut gelungen."

Darin sieht Scholz eine Möglichkeit, die SPD wieder stark zu machen und den Rechtspopulismus zu bekämpfen. "Wir Menschen können ohne Hoffnung nicht leben, und fortschrittliche Parteien, sozialdemokratische Parteien, können ohne die Vorstellung, dass die Welt besser wird, auch nicht erfolgreich sein."

In der Erinnerung an 2021 fehlt etwas

Die Debatte um die richtige Haltung zu Russland, die am Freitag auf dem Parteitag geführt worden war, greift Scholz nicht explizit auf. Aber er sagt, es sei richtig gewesen, dass Deutschland der größte Unterstützer der Ukraine in Europa geworden sei, "auch wenn das im Wahlkampf keine Rolle gespielt hat". Auch "Gespräche" seien richtig. Allerdings dürfe man sich keine Illusionen über Putin machen.

Scholz erinnert in seiner Rede auch an die Zeiten vor 2021. "Vergessen wir nicht, wie kompliziert das alles vorher war", sagt er und meint die Zeit unter den SPD-Vorsitzenden Martin Schulz und Andrea Nahles. Auch ihnen dankt er. Aber mit dem Dank verweist er auf die Krise, in der die SPD seinerzeit steckte. Besser wurde es nach dem Mitgliedervotum, bei dem auch er sich - vergeblich - als SPD-Chef bewarb.

Zusammen mit dem damaligen Generalsekretär Lars Klingbeil machte das siegreiche Duo, Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans, Scholz dann allerdings zum Kanzlerkandidaten. "Ja, und dann haben wir die Wahl gewonnen, 2021." Dabei habe die SPD noch im Sommer dieses Jahres bei "den uns bekannten 16 Prozent" gelegen. "Das war eine gemeinsame Leistung der gesamten SPD", sagt Scholz, "Danke für diesen Zusammenhalt". Das ist nicht falsch. Aber Scholz unterschlägt, dass sein Wahlsieg auch viel damit zu tun hatte, wie die Union und auch die Grünen in diesem Wahlkampf agierten.

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