Nach der Vollinvasion frieren westliche Staaten russische Gelder in Milliardenhöhe ein. Doch bislang erhält die Ukraine nur die Zinsen aus diesen Vermögen. Das soll sich nach Ansicht der Grünen ändern. Auch CDU-Politiker zeigen sich offen.

Die Bundestagsfraktion der Grünen fordert die Bundesregierung in einem Entschließungsantrag auf, sich innerhalb der G7-Staaten dafür einzusetzen, die "eingefrorenen russischen Staatsvermögen völkerrechtskonform vollumfänglich der Ukraine zur Verfügung zu stellen". Das geht aus dem Antrag hervor, der dem "Spiegel" vorliegt und noch in dieser Woche im Parlament eingebracht werden soll.

Zur Begründung heißt es, ein Kurswechsel des russischen Präsidenten Wladimir Putin sei nicht absehbar. Russland halte unverändert an seinen Kriegszielen fest und sei weder an einem Waffenstillstand interessiert noch an ernsthaften Friedensverhandlungen. Stattdessen spiele Putin politisch wie militärisch auf Zeit und setze auf die Zermürbung der Ukraine.

Die Grünen argumentieren, um Frieden zu erreichen, müsse die russische Durchhaltefähigkeit geschwächt und die Ukraine weiter gestärkt werden - auch finanziell. Dazu müsse neben einer massiven Verschärfung der internationalen Sanktionen gegen das russische Regime auch eine größtmögliche finanzielle Unterstützung der Ukraine für ihre Verteidigung und ihren Wiederaufbau gehören. Die EU solle hierbei "als starke, selbstständige und bei Bedarf auch unabhängige Akteurin auftreten".

Kanzleramtsminister Thorsten Frei plädierte erst Ende Mai für eine intensive Prüfung der Frage, ob in der EU eingefrorenes russisches Staatsvermögen zugunsten der Ukraine beschlagnahmt werden sollte. "Jedes Gerechtigkeitsgefühl sagt einem, dass das notwendig ist angesichts der immensen Schäden und des menschlichen Leides, das Russland in der Ukraine anrichtet", sagte der CDU-Politiker der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

"Wir erleben derzeit die stärksten Bombardierungen seit Ausbruch des Krieges", sagte Frei. "Und deshalb ist es nur gerecht, wenn russisches Geld dafür eingesetzt wird, das Notwendige zur Verteidigung zu tun." Andererseits gehe es um die Frage, wie sicher ausländisches Geld sei, das in der EU beziehungsweise in Deutschland angelegt werde. "Aber wir sind in einer Situation, in der ich sage: Wir sollten uns die Frage der russischen Staatsgelder noch sehr viel genauer anschauen als bisher."

Unionsfraktionsvize Norbert Röttgen hatte kurz vorher klar für die Beschlagnahmung eingefrorenen russischen Staatsvermögens zur Unterstützung der Ukraine geworben. "Es sind insgesamt 300 Milliarden Euro an russischem Staatsvermögen eingefroren worden, davon rund 250 Milliarden in Europa", sagte der CDU-Politiker im "Welt"-Interview. Dieses Staatsvermögen sollte beschlagnahmt und für die Ukraine verwendet werden.

Bisher nur Zinsen genutzt

Die westlichen Verbündeten diskutieren derzeit, wie sie die insgesamt 300 Milliarden Dollar eingefrorener russischer Gelder für den Wiederaufbau der Ukraine nutzen können. Seit Beginn der russischen Invasion der Ukraine fror die EU die Vermögenswerte von mehr als 2400 Menschen und Organisationen ein, darunter die des Präsidenten Wladimir Putin. Auch mehr als 200 Milliarden Euro der russischen Zentralbank wurden eingefroren.

Bisher nutzt die EU lediglich die Zinsen dieser Vermögen, um die Ukraine zu unterstützen. Ein Vorschlag, der auf dem Tisch liegt, ist, diese Vermögen zu beschlagnahmen. Dies ist allerdings umstritten. Es gibt Bedenken, dass eine Beschlagnahme gegen internationales Recht verstoßen könnte. Zudem würde ein solcher Schritt wohl das Vertrauen in die EU als Finanzplatz untergraben. Hinzu kommt, dass die Beschlagnahme bereits eingefrorener Vermögen zwar Finanzmittel bringen würde, aber keinen unmittelbaren Effekt auf die russische Wirtschaft hätte.

Drei russische Insider berichteten kürzlich, dass zu Putins Bedingungen für die Beendigung des Krieges auch die Lösung der Frage der eingefrorenen Vermögenswerte gehöre. Die Zahlungen des Westens an die Ukraine aus den Zinsen des festsitzenden russischen Vermögens bezeichnete Putin als Diebstahl.

Die Ukraine kämpft derweil entschieden gegen jede Rückgabe des Geldes an Moskau. "Wenn es an Russland zurückgegeben wird, wird es in Panzer, Raketen, Drohnen und die Ausbildung neuer Soldaten umgewandelt", sagte Anfang Juni die stellvertretende Leiterin des ukrainischen Präsidialamts Iryna Mudra. "Die Welt muss zeigen, dass ein rechtswidriger Krieg irreversible finanzielle Konsequenzen hat."

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