Jens Spahn muss sich jetzt erklären: Den Unionsfraktionschef holen Entscheidungen ein, die er als früherer Bundesgesundheitsminister getroffen hatte. Dabei geht es vor allem um die Maskenbeschaffung in der Corona-Pandemie. Ein neuer Bericht macht dem CDU-Politiker hier schwere Vorwürfe. Ein Überblick dazu, was Spahn vorgeworfen wird und wie dieser reagiert:

Um welchen Bericht geht es?

Spahns Amtsnachfolger als Gesundheitsminister, Karl Lauterbach, berief im Juli vergangenen Jahres eine Sonderbeauftragte ein, um die kostspielige Bestellung von Masken während der Corona-Pandemie zu untersuchen. Die Aufgabe übernahm die ehemalige Staatssekretärin im Justiz- und Verteidigungsministerium, Margaretha Sudhof.

Sie solle "die Versäumnisse aus der letzten Legislatur grundlegend aufarbeiten und transparent machen", hatte Lauterbach im Juli der "FAZ" gesagt. Sudhof erarbeitete daraufhin ein knapp 170 Seiten starkes Gutachten, das seit Januar vorliegen soll. Lauterbach wollte es im Bundestags-Wahlkampf aber nicht mehr veröffentlichen.

Warum wurde das Gutachten nicht veröffentlicht?

Die neue Gesundheitsministerin und Parteifreundin Spahns, Nina Warken, hält den Bericht unter Verschluss. Sie wollte ihn bislang auch nicht dem Bundestags-Haushaltsausschuss vorlegen, sondern die Erkenntnisse des Berichts in ein neues Dokument einfließen lassen und dieses dann dem Ausschuss zustellen. Sie begründete dies damit, dass das Gutachten laufende Gerichtsprozesse des Ministeriums mit Maskenlieferanten betrifft und Daten von Mitarbeitenden beinhaltet.

Am Freitag gab Warken dann bekannt, nun doch den Sudhof-Bericht dem Ausschuss zuzustellen - allerdings teils geschwärzt. Veröffentlichen will sie selbst ihn weiterhin nicht: Er sei nur für die Abgeordneten gedacht, betont sie. Das geschwärzte Dokument geriet jedoch nach Zustellung an den Ausschuss auch an die Öffentlichkeit.

Was wird Spahn vorgeworfen?

Der CDU-Politiker hatte 2020 zu Beginn der Pandemie Lieferanten eine unbegrenzte Abnahme von Masken zu einem Preis von 4,50 Euro pro FFP2-Maske garantiert. Dieses sogenannte Open-House-Verfahren führte "zu einer Angebotsschwemme", heißt es im Sudhof-Bericht.

Später verweigerte das Ministerium teils die Bezahlung, unter anderem mit Verweis auf fehlerhafte oder verspätete Lieferungen. Lieferanten klagten deshalb in den vergangenen Jahren gegen den Bund. Dabei geht es um hunderte Fälle mit einem Streitwert von 2,3 Milliarden Euro. Insgesamt ließ das Gesundheitsministerium Masken im Wert von knapp sechs Milliarden Euro kaufen, von denen rund zwei Drittel nie gebraucht wurden.

Spahn soll als Gesundheitsminister das Logistikunternehmen Fiege aus seiner münsterländischen Heimat ohne Ausschreibung mit der Maskenbeschaffung beauftragt haben. Der Auftrag hatte demnach ein Volumen von 1,5 Milliarden Euro. Der Vorstandschef des Unternehmens ist zudem stellvertretender Landesvorsitzender des CDU-Wirtschaftsrats in Nordrhein-Westfalen.

Die Auftragsvergabe sei erfolgt, obwohl das eigentlich zuständige Bundesinnenministerium vor der Beauftragung von Fiege gewarnt habe, heißt es im Sudhof-Bericht. Auch im Corona-Krisenstab der Regierung habe es Widerstände gegeben, über die sich Spahn hinweggesetzt haben soll. Denn das Unternehmen war bald mit dem Auftrag überfordert. Und bei Regressforderungen gegen Fiege soll sich das Gesundheitsministerium später zurückgehalten haben.

Bei der Maskenbeschaffung unter Spahn hätten "fehlendes ökonomisches Verständnis" und "politischer Ehrgeiz" dazu geführt, "dass nicht als Team 'Staat', sondern als Team 'Ich' gehandelt" worden sei, schreibt Sudhof in ihrem Gutachten. "So begann das Drama in Milliarden-Höhe."

Wie reagiert Spahn?

Der CDU-Politiker räumt zwar Fehler bei der Maskenbeschaffung ein, plädiert jedoch dafür, die damaligen Umstände zu betrachten. Im ZDF sprach Spahn beispielsweise von einer "Jahrhundertkrise" und einem "gesundheitlichen Kriegsfall" damals. Er habe deshalb "ein reines Gewissen". Nachdem der geschwärzte Bericht am Dienstag öffentlich wurde, sagte Spahn: Er sei "froh", dass der Text nun "von allen" gelesen werden könne.

Wie geht es nun weiter?

Spahn will sich im Laufe des Tages im Haushaltsausschuss des Bundestags zum Bericht äußern. Warken soll dort und zusätzlich im Gesundheitsausschuss ebenfalls Stellung nehmen. Scharfe Kritik kommt derweil von Grünen und Linkspartei: Beide fordern Aufklärung und Transparenz. Auf Verlangen der zwei Fraktionen findet deshalb am heutigen Mittwoch und am Donnerstag jeweils eine Aktuelle Stunde zum Thema statt. Linken-Chefin Ines Schwerdtner spricht von "schwerwiegenden Vorwürfen". Sollten sich diese bestätigen, müssten Spahn oder seine Fraktion "die nötigen Konsequenzen ziehen".

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