US-Präsident Trump stellt die Angriffe auf die iranischen Atomanlagen als "spektakulären" Erfolg dar. Aber hat Trump überhaupt die für eine solche Behauptung nötigen Informationen? Sein Vize Vance äußert sich jedenfalls vorsichtiger.
"Sehr erfolgreich" seien die Angriffe auf die drei Nuklearstandorte im Iran gewesen, schrieb US-Präsident Donald Trump am Samstagabend auf seinem Netzwerk "Truth Social". Das klang zu diesem Zeitpunkt plausibel: Sieben B-2-Bomber hatten nach Angaben von US-Generalstabschef Dan Caine insgesamt 14 bunkerbrechende Bomben auf die iranischen Atomanlagen Fordo und Natans geworfen. Berichten zufolge gingen die meisten davon, 12, auf Fordo nieder.
Kurz zuvor hatte ein U-Boot der US-Marine bereits mehr als zwei Dutzend Tomahawk-Marschflugkörper aus dem Golf von Oman auf den Nuklearstandort Isfahan abgefeuert. "Unser Ziel war die Zerstörung der iranischen Anreicherungskapazitäten und die Beendigung der nuklearen Bedrohung durch den weltweit größten Terrorsponsor", sagte Trump in einer kurzen Ansprache an die Nation. "Heute Abend kann ich der Welt berichten, dass die Angriffe ein spektakulärer militärischer Erfolg waren. Irans wichtigste Anreicherungsanlagen wurden vollständig und total ausradiert. Der Iran, der Tyrann des Nahen Ostens, muss nun Frieden schließen."
Vollständige Zerstörung - wirklich?
Wie immer pflichtete US-Verteidigungsminister Pete Hegseth seinem Chef in allem bei. "Der Befehl unseres Oberbefehlshabers war zielgerichtet, er war kraftvoll und eindeutig", sagte Hegeseth am Sonntag bei einer Pressekonferenz, die er gemeinsam mit Generalstabschef Caine im Pentagon gab. "Wir haben das iranische Atomprogramm vernichtet." Auch Caine werde aufzeigen, "dass es ein unglaublicher und überwältigender Erfolg war".
Aber das tat Caine dann gar nicht. "Ziel dieser Operation war es, die iranische Atomwaffeninfrastruktur massiv zu schädigen", sagte der General. Eine endgültige Bewertung der Schäden werde "einige Zeit" dauern, auch wenn "erste Einschätzungen der Kampfschäden darauf hindeuten, dass alle drei Standorte äußerst schwere Schäden und Zerstörungen erlitten haben". Auf Nachfrage sagte Caine, es wäre "viel zu früh", um zu sagen, "was noch da sein könnte und was nicht".
Was stimmt denn nun? Sind die Anreicherungsanlagen "vollständig ausradiert", wie Trump behauptet? Oder ist es viel zu früh, um das zu sagen?
"Niemand kann sagen, wie viel dort zerstört wurde"
Weiß die US-Regierung also noch gar nicht, welchen Schaden die Angriffe verursacht haben? Danach sieht es aus. Wobei ein "überwältigender Erfolg" durchaus möglich ist. Der österreichische Radioökologe Georg Steinhauser sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", es würde an ein Wunder grenzen, wenn die Anlage in Fordo noch funktionstüchtig wäre. "Das iranische Atomprogramm, zumindest das Atomwaffenprogramm ist Geschichte. Da kann man in der Vergangenheitsform sprechen. Sie haben schlicht und einfach nicht mehr die Kapazitäten. Sie haben nichts mehr, wo sie weitermachen könnten." Natans und Fordo seien zerstört, die Uranprozessierungsanlage in Isfahan sei "dem Erdboden gleichgemacht".
Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA teilt diese Sicherheit nicht. "Derzeit ist niemand - auch nicht die IAEA - in der Lage, die unterirdischen Schäden in Fordo zu beurteilen", gab IAEA-Chef Grossi am Sonntag bei einer Sondersitzung des Gouverneursrats der Organisation zu Protokoll.
Bei CNN sagte Grossi, die unterirdischen Schäden könnten signifikant sein, aber "niemand, weder wir noch jemand anders, kann Ihnen sagen, wie viel dort zerstört wurde". Anders sei es mit Natans, dort sei die oberirdische Anlage vollständig zerstört. Auch die unterirdischen Zentrifugen hätten "sehr gelitten" - auch durch den Stromausfall, der durch die Angriffe verursacht worden sei. Die Anlage in Isfahan wiederum habe "nachhaltig Schaden" genommen, so Grossi, schon durch die israelischen Luftangriffe.
Wo sind die 400 Kilo Uran?
Grossi fordert eine Rückkehr zu Verhandlungen und eine Wiederaufnahme der Inspektionen durch die IAEA. Er sorgt sich vor allem um ein Ende des Atomwaffensperrvertrags, der eine Verbreitung von Nuklearwaffen über die bestehenden Atommächte hinaus verbietet. "Wir müssen den IAEA-Inspektoren die Rückkehr ermöglichen, denn wir dürfen nicht vergessen, dass es dort einen Vorrat von 400 Kilogramm 60-prozentigem Uran gab", so Grossi. "Und der Iran hat keinen Hehl daraus gemacht, dass sie dieses Material geschützt haben."
Mit anderen Worten: Erstens ist unklar, wie stark die Schäden an den drei attackierten iranischen Nuklearstandorten ist. Und zweitens könnte zumindest ein Teil der 400 Kilo längst weggebracht worden sein, als die B-2-Bomber im Anflug auf den Iran waren. Nach Angaben der "New York Times" könnte Material dieser Größenordnung auf Schutzbehälter verteilt werden, die in den Kofferräumen von zehn Autos Platz fänden. Tatsächlich seien wenige Tage vor dem US-Angriff 16 Lieferwagen in Fordo gesichtet worden, so die Zeitung.
Selbst US-Vizepräsident JD Vance äußerte sich am Sonntag beim Sender ABC denn auch deutlich zurückhaltender als Trump. Auf die Frage, ob er klar sagen könne, dass Irans Nuklearprogramm zerstört worden sei, antwortete Vance, die USA hätten es "substanziell" zurückgeworfen. Der Iran werde für "eine sehr lange Zeit" nicht in der Lage sein, eine Atomwaffe zu bauen. Ob dies "Jahre" seien oder mehr, da wollte Vance sich nicht festlegen. "Aber wir sind sehr zuversichtlich, dass der Atomstandort Fordo substanziell zurückgeworfen wurde, und das war unser Ziel."
"Darüber werden wir mit den Iranern Gespräche führen"
Der Iran sei nicht mehr in der Lage, "ihren Vorrat an hochangereichertem Uran in waffenfähiges Uran umzuwandeln", so Vance. Das sei das eigentliche Ziel der Angriffe gewesen. Uran zu beschaffen, sei nicht so schwer, "aber die Anreicherung von Uran bis zur Atomwaffenreife hat der Präsident gestern Abend gestoppt".
Vance wurde bei ABC auch nach den 400 Kilogramm Uran gefragt, von denen Grossi bei CNN gesprochen hatte. Dazu sagte der Vizepräsident, die US-Regierung werde "in den kommenden Wochen daran arbeiten, etwas mit dem Brennstoff zu unternehmen". Das sei einer der Punkte, "über die wir mit den Iranern Gespräche führen werden".
Gespräche also. IAEA-Chef Grossi wird nicht müde zu betonen, dass nur Verhandlungen zu stabilen Ergebnissen führen. Tatsächlich zeigen Zahlen der Internationalen Atomenergiebehörde sehr anschaulich, dass die Zahl der iranischen Zentrifugen seit 2019 stark ansteigt; im Jahr zuvor waren die USA in Trumps erster Präsidentschaft aus den Gesprächen über das Atomabkommen mit dem Iran ausgestiegen, das 2015 unter Trumps Vorgänger Barack Obama abgeschlossen worden war.
Selbst das Ziel der USA im Iran ist völlig offen
Unklar bleibt, ob der Iran ein Interesse an Verhandlungen hat. "Zudem weiß das aktuelle Regime jetzt: Ohne die Atombombe ist es nicht überlebensfähig", sagt der österreichische Oberst und Militärexperte Matthias Wasinger im Interview mit ntv.de. Aus den jüngsten Angriffen würden die Mullahs dieselben Lehren ableiten wie Nordkorea nach dem Sturz des irakischen Diktators Saddam Husseins: "Nichts anderes als die Atombombe wird unser Überleben garantieren." Allerdings galt dies schon vor den Angriffen.
Erschwerend kommt nun hinzu, dass völlig offen ist, welches Ziel die USA im Iran letztlich verfolgen. "Die Beendigung der nuklearen Bedrohung durch den weltweit größten Terrorsponsor", wie Trump sagte? "Die iranische Atomwaffeninfrastruktur massiv zu schädigen", wie Generalstabschef Caine es formulierte? Oder ein "Regime Change", den Vance am Sonntag ausschloss, Trump dann aber als mögliches Ziel ausgab? Wäre dies der Fall, dann hätten Gespräche aus Sicht des iranischen Regimes keinen Sinn.
Deutlich wurde immerhin, dass dem US-Präsidenten Zweifel am Erfolg der Angriffe auf die Nerven gehen. Noch in der Nacht zu Montag schrieb er auf seinem Netzwerk, der Schaden in allen Nuklearanlagen im Iran sei "monumental" gewesen, das sehe man auf Satellitenbildern. "Der größte Schaden entstand weit unter der Erdoberfläche. Volltreffer!!!"
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