Die USA greifen vorerst nicht in den Krieg zwischen Israel und dem Iran ein. US-Präsident Trump setzt eine Frist von zwei Wochen für Verhandlungen. Das entspannt die Lage zunächst. Aber was passiert dann?
Es war wieder einmal so ein Moment zum Durchatmen. Die USA werden vorerst nicht in den Krieg gegen den Iran eintreten. Seit Tagen wurde darüber spekuliert. Trump selbst hatte Gerüchte befeuert. Erst schickte sein Verteidigungsminister einen weiteren Flugzeugträger in die Region. Dann rief Trump die Bewohner Teherans auf, die Stadt zu verlassen. Dann kokettierte er offen mit einem Angriff, nach dem Motto: vielleicht ja, vielleicht nein.
Typisch Trump war das, und typisch ist nun auch sein Verhalten: Er setzt erstmal eine Frist und erkauft sich so Zeit. So hat er es auch schon bei den Zöllen gemacht. Die EU beispielsweise bekam 90 Tage, um ein Angebot für ein Handelsabkommen zu machen. Doch im Falle Irans steht mehr auf dem Spiel als eine Handelsbilanz. Es geht um Leben und Tod, möglicherweise von Millionen Menschen.
Ein Angriff der Amerikaner könnte unabsehbare Folgen haben. Sollten sie die Atomanlagen in Fordo zerstören, könnten die Konsequenzen dramatisch sein. Radioaktives Material könnte austreten und die gesamte Region verseuchen. Auch Trinkwasservorräte für Millionen Menschen könnten vergiftet werden. Am wichtigsten für Trump ist aber etwas anderes. Wenn er Luftschläge führt, befindet er sich mit Volldampf auf Kriegskurs. Genau das will er aber unbedingt verhindern. Bloß kein neues Afghanistan, bloß kein neuer Irak, bloß keine große Regime-Change-Operation, diesmal im Iran.
Mutter aller Massenvernichtungswaffen
Einerseits gehört diese Forderung zum Lebensgefühl seiner Wähler, die nach Tausenden Toten und Abermilliarden Dollar Kosten in weit entfernten Kriegen die Nase voll davon haben - vor allem, wenn daheim die Brücken und Straßen verfallen, Jobs verschwinden und neue, viele unbekannte Drogen das Leben von Hunderttausenden zerstören. Zuletzt regte sich genau deswegen im Make-America-Great-Again-Lager (MAGA) Kritik an Trump.
Andererseits: Diesmal geht es nicht um vermeintliche Massenvernichtungswaffen wie im Irak, sondern um die Mutter aller Massenvernichtungswaffen - die Atombombe. Sie würde enge Verbündete der USA bedrohen - nicht nur Israel, auch Saudi-Arabien, und wäre zudem eine tödliche Gefahr für die mehreren Zehntausend US-Soldaten, die im Nahen Osten stationiert sind. Es dürfte selbst Trump schwerfallen, wie in Sachen Ukraine zu sagen: Das geht uns alles nichts an.
Und das tut er auch nicht. Der Iran dürfe keine Atombombe bekommen, fordert er immer wieder. Zugleich macht er sich für Verhandlungen stark. Genau in diesem Zusammenhang ist seine Frist an den Iran zu verstehen. Kommt an den Verhandlungstisch und verzichtet auf den Bau einer Atombombe - oder es wird ungemütlich für euch. Was für ein Abkommen in so kurzer Zeit verhandelt werden kann, ist allerdings offen.
Dabei ergreifen nun die Europäer die Initiative. Das Treffen der Außenminister Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens und der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas mit dem iranischen Außenminister Araghtschi sei sehr wichtig, sagte Christoph Heusgen bei ntv. "Wenn man einer Lösung näher kommen will, muss das aber etwas sein, das auch die Amerikaner übernehmen", so der frühere Chef der Münchener Sicherheitskonferenz und langjährige Berater von Ex-Kanzlerin Angela Merkel.
Das letzte Atomabkommen zwischen dem Iran, den USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien, Deutschland und der EU wurde zwei Jahre lang in Wien hin und her gewälzt, bis es zu einer Einigung kam. Natürlich sind die Bedingungen jetzt andere. Der Iran ist stark geschwächt, liegt praktisch am Boden. Die israelische Luftwaffe hat die Lufthoheit und kann schalten und walten, wie sie will. Auch wenn die Israelis nicht in der Lage sind, die unterirdischen Atomanlagen aus der Luft zu zerstören, können sie andere Einrichtungen ins Visier nehmen und so Druck ausüben.
Um ein Wort Trumps aufzugreifen: Die Iraner haben schlechte Karten und dürften zu einigen Zugeständnissen bereit sein. Eine Möglichkeit wäre, zum alten Atomabkommen zurückzukehren. Das hätte eine bittere Ironie, weil es ausgerechnet Trump war, der die USA 2018 aus dem Vertrag zurückzog und es damit zum Scheitern verurteilte. Ein Abkommen kann nur funktionieren, wenn der Iran glaubhaft machen kann, wirklich nicht den Bau einer Bombe anzustreben. Ob es in zwei Wochen gelingt, neues Vertrauen aufzubauen? Das ist die Frage.
Obama ließ Frist verstreichen
Zumal die Iraner auch wissen, dass Trump vor einem neuen Krieg im Nahen und Mittleren Osten zurückschreckt. Trump sieht sich eher als Friedensstifter, träumt gar vom Friedensnobelpreis. Wichtiger dürfte für ihn aber der Unmut an der Basis sein. Mit seiner Frist hat er sich selbst unter Zugzwang gesetzt. Wenn die Iraner nach zwei Wochen nicht ausreichend einlenken, müsste er seinen Worten Taten folgen lassen. Sonst macht er sich unglaubwürdig.
Sein Vorgänger Barack Obama hatte so eine Frist einmal verstreichen lassen. 2013 drohte er dem syrischen Diktator Baschar al-Assad für den Fall, dass dieser Chemiewaffen einsetze. Obama sprach von einer roten Linie. Doch als Assad sie tatsächlich zur Anwendung brachte, blieb der damalige US-Präsident tatenlos. Einen solchen Gesichtsverlust dürfte Trump sich sparen wollen. So steht er vor seiner schwersten Entscheidung. Einer Entscheidung über Krieg und Frieden, die alles übertrifft, mit dem er sich sonst beschäftigt - Zölle, Verteidigungsausgaben, Abschiebungen.
Trumps Ruf ist schon angekratzt. Ihm wird in jüngster Zeit immer mal wieder vorgeworfen, er kneife immer dann, wenn es ernst wird. "TACO" sagen seine Gegner dann. Das steht für "Trump always chickens out" und heißt so viel wie "Trump zieht immer den Schwanz ein". Allerdings, wie bereits erwähnt: Es steht viel auf dem Spiel. Wenn Zurückhaltung der Preis ist, einen neuen Krieg mit unabsehbaren Folgen im Nahen Osten zu verhindern, werden manche Kritiker sich vermutlich den Spott sparen. Wenn Trump nicht seine Meinung ändert und die Frist einfach wieder streicht. Es wäre nicht das erste Mal.
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