Es ist eine Frage, die sich Beobachter seit Tagen stellen: Was bezweckt Israel mit seinen Angriffen auf den Iran? Auch bei Markus Lanz versuchen die Gäste dies zu klären. Und streiten darüber, ob die Angriffe tatsächlich unausweichlich gewesen waren.

Die jüngsten israelischen Angriffe auf den Iran haben Teheran unvorbereitet getroffen. Zwar scheint das iranische Atomprogramm nicht zerstört, aber wichtige Beteiligte wurden gezielt getötet. Die Menschen aus der iranischen Hauptstadt flüchten und fürchten, dass sich der Krieg ausweitet. Die Iran-Expertin Azadeh Samirirad berichtet am Dienstagabend bei Markus Lanz von Intellektuellen und Künstlern aus dem Iran, die ein Ende des Atomwaffenprogramms fordern. In der ZDF-Sendung diskutieren die Gäste über den Krieg - und versuchen vor allem zu erklären, was Israel bezwecken könnte.

Laut dem Chefredakteur des Nahost-Magazins "Zenith", Daniel Gerlach, bemüht sich die israelische Führung gerade darum, dass sich die Ziele der USA und Israel angleichen: "Die Israelis versuchen, eine Situation zu schaffen, wo die Amerikaner gesichtswahrend in ihrem eigenen Interesse in diesen militärischen Konflikt eingreifen auf der Seite Israels." Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu wisse, dass die US-Führung bei diesem Thema sehr gespalten sei und bemühe sich, dass US-Präsident Donald Trump einen möglichen Eingriff in den Konflikt als seine Strategie verkaufen könne.

Doch warum greift die israelische Armee den Iran gerade jetzt an? Eine Frage, die Markus Lanz zu Recht stellt. So äußern viele Beobachter die Ansicht, die israelische Regierung habe mit den Luftangriffen von ihrem heftig kritisierten Vorgehen im Gazastreifen ablenken wollen. Gerlach sagt das nicht, trotzdem wird Philipp Peyman Engel, Chefredakteur der "Jüdischen Allgemeinen", ihm das später vorwerfen. Überhaupt dreht sich ein großer Teil der Sendung um den Streit der beiden Journalisten.

Engel, dessen jüdische Mutter ihm zufolge 1967 aus dem Iran nach Deutschland floh, unterstützt vor allem die israelische Seite. Diese habe das iranische Atomprogramm genau im Blick. Dabei hätten die letzten israelischen Regierungen den militärischen Schritt gescheut, weil das Risiko zu hoch sei. "Jetzt war es unausweichlich."

Engel: Man muss Teheran auch nach den Taten messen

Es sei das iranische Regime, das den Weltfrieden gefährde und sage, es wolle Israel auslöschen. "Das ist keine persisch-iranische Folklore, das sind keine Märchen aus Tausendundeine Nacht. Man muss die iranische Regierung nicht nur nach den Worten messen, sondern auch nach den Taten." Die Mullahs in Teheran seien verantwortlich für das Massaker vom 7. Oktober 2023 und dafür, dass die Hisbollah im Libanon bis an die Zähne bewaffnet gewesen sei und verursacht habe, dass es in Nordisrael 80.000 Binnenflüchtlinge gab. "Das war eine versuchte ethnische Säuberung - und über zehn Monate lang auch eine gelungene ethnische Säuberung."

Der Schritt der israelischen Regierung ist für Engel unausweichlich: "Es darf kein Iran mit Atombombe geben. Das ist hochriskant für Israel. Es bedeutet über kurz oder lang die Auslöschung des israelischen Staates. Es ist auch eine Gefahr für den Westen und für die USA." Netanjahu habe erklärt, er wolle keine zivilen Ziele treffen. "Es gibt keine zivilen Opfer derzeit im Gegensatz zu Israel." Bei dieser Aussage reagiert Moderator Markus Lanz recht ungläubig, Engel beruft sich auf Angaben der israelischen Regierung und des iranischen Regimes. Lanz weist jedoch darauf hin, dass es sich eher um Propagandameldungen handele. Und die zitiert Engel auch noch falsch. Tatsächlich sollen im Iran bisher mehr als 200 Menschen getötet worden sein. Israel meldet 24 Tote.

Wann hat der Iran die Bombe?

Dass der israelische Angriff auf das iranische Atomwaffenprogramm gerade jetzt unausweichlich gewesen sei, bestreiten viele Beobachter. Azadeh Zamirirad von der Stiftung Wissenschaft und Politik zum Beispiel. Sie weist darauf hin, dass selbst Netanjahu zugegeben habe, dass der Iran frühestens in einem Jahr zum Bau einer Atombombe in der Lage sei. Auch die Internationale Atom-Energieorganisation IAEO gehe nicht davon aus, dass es derzeit Anzeichen für ein strukturiertes, waffenrelevantes Programm im Iran geben würde.

Zamirirad glaubt, dass Teheran in jedem Fall vom Bau von Atomwaffen abgehalten werden müsse wegen der desaströsen potenziellen Folgen für Israel und die Region. Auch habe der Einsatz militärischer Mittel in diesem Fall seine Berechtigung , "aber unter einigen sehr konkreten Bedingungen". So müsse ein solcher Einsatz im Rahmen der UN-Charta geschehen und völkerrechtlich gedeckt sein, "und das ist in diesem Fall zumindest strittig". Zudem sollten alle weiteren Möglichkeiten, die es gebe, zuvor ausgeschöpft worden sein. Das sei hier aber nicht passiert, denn es habe parallel Gespräche zwischen Washington und Teheran gegeben. "Und es wäre vor allem wichtig gewesen, wenn Iran tatsächlich an einer kritischen Stelle gestanden hätte. Dafür haben die Israelis aber bislang keinen Beleg vorgelegt."

Besorgt wegen möglicher iranischer Atomwaffen äußert sich auch CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen. "Ich habe keinen Zweifel daran, dass das iranische Regime unumkehrbar entschlossen ist, Atommacht zu werden", sagt er. Es wolle Atomwaffen haben, "weil es eine enorme Macht gibt". Wäre der Iran eine Atommacht, würde sich die Sicherheitslage für Israel völlig verändern. Aktuell habe es zwei Möglichkeiten gegeben: Verhandlungen und den von Israel eingeschlagenen Weg der "militärischen Lösung". "Der militärische Weg hat große Risiken, ich plädiere auch nicht für ihn. Wenn wir aber Verhandlungen vorschlagen, geben wir dem Regime immer mehr Zeit. Und das Regime hat auf Zeit gespielt."

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