Rund 100.000 Menschen wollen die Parade des US-Militärs sehen - ein Aufmarsch, den es so bisher nicht gegeben hat. Von der Ehrentribüne salutiert Präsident Trump an seinem Geburtstag.

Ganze 15 Stunden lang ist Mike Frey an diesem Samstag gefahren, um seinen Sohn zu sehen, wie der seinen Schwur erneuert und damit seine Zeit beim Militär verlängert. "Irgendwo dort drüben wird es sein", sagt Frey. Der 62-jährige Veteran steht am Fuße des Obelisken und deutet in Richtung der Haupttribüne südlich des Weißen Hauses. Dort, wo der Präsident, sein Vize JD Vance, Verteidigungsminister Pete Hegseth und viele weitere zwischen riesigen Videowänden und der Militärparade sitzen werden. Die Parade, die Trump schon in seiner ersten Amtszeit gerne gesehen hätte, aber nicht bekam.

Nun aber hat der Präsident Geburtstag und die US-Armee ebenfalls: Er wird 79, die Streitkräfte werden 250 Jahre alt. Feiern sollen die Menschen in Washington beides an diesem Samstag mit einem militärischen Aufmarsch, wie es ihn noch nicht gegeben hat in Washington. Bislang wurden militärische Siege mit Paraden geehrt, das letzte Mal 1991, nach dem ersten Irak-Krieg. Dieses Mal marschieren Soldaten in Uniformen aus verschiedenen militärischen Epochen der USA etwa zwei Stunden lang an Zuschauern, Gästen und Präsidentvorbei - von blauen Uniformen des Revolutionskrieges bis zu futuristischen Roboterhunden, die den Streitkräften helfen sollen.

Trump hat immer wieder angekündigt, das Militär im Inneren einsetzen zu wollen, etwa für Massenabschiebungen. Kritiker werfen ihm deshalb vor, seine Rolle als Oberbefehlshaber zu missbrauchen. Im Fall der Proteste in Los Angeles gegen die Abschiebepolitik befürwortet eine Mehrheit den Einsatz des Militärs. "Etwas muss geschehen", sagt dazu Mike Frey: "Ich unterstütze alles, was Trump macht und sagt. Trump ist der König. Das ist meine feste Überzeugung."

Augenscheinlich unterstützen die meisten Besucher den Republikaner. Viele Veteranen sind da, manche versehrt, auch ganze Familien. Je dunkler es wird, desto voller wird der weite Rasen gegenüber von Trumps Tribüne. Etwa 100.000 Besucher sollen am Ende da gewesen sein, die Hälfte der ursprünglich erwarteten Anzahl.

Rekruten gesucht

Während im ganzen Land auf mehr als 2000 Veranstaltungen mehrere Millionen Menschen gegen Trumps autokratische Tendenzen unter dem Motto "No Kings" auf die Straßen gehen, lässt sich Trump in Washington Soldaten und Gerät vorführen. Unter dunklen Wolken in Washington klappert die Kavallerie aus dem Bürgerkrieg über den Asphalt, marschieren etwa 6700 Uniformierte, fliegen Hubschrauber über die Besucher, gleiten Fallschirmspringer herab und quietschen viele, viele Panzer über die rund 4 Kilometer lange Route - höchstens zwei nebeneinander. Die Straße ist wesentlich schmaler als die in Paris, wo Trump 2017 einen großen Aufmarsch des französischen Militärs gesehen hatte - woraufhin er etwas Ähnliches in Washington erleben wollte.

Damals ließ er sich die Idee ausreden. "Das tun Diktatoren", soll ihm der Vizechef der US-Streitkräfte gesagt haben. In Umfragen hielt zwar eine Mehrheit der US-Amerikaner die Parade für eine gute Idee, aber nicht, wenn sie mit den Kosten konfrontiert wurden - etwa 45 Millionen US-Dollar. Die Besucher entlang der Route sind während des Aufmarschs auffällig still, während ein Kommentator live die vorbeiziehenden Einheiten und das Kriegsgerät wie in einem Werbefilm kommentiert - inklusive Werbenachrichten von Sponsoren. Dazu erklingen zum Ende hin Instrumentalversionen von Rock-Klassikern.

Befürworter meinen, die Parade sei eine Würdigung der Veteranen und ihrer Leistungen sowie eine gute Gelegenheit, um mehr Rekruten für die Streitkräfte anzulocken, die vor einem historischen Umbau stehen. Die Armee hat in zwei der vergangenen drei Jahre ihre Rekrutierungsziele verfehlt, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Streitkräfte ist geschrumpft. Vieles an diesem Tag ist eine Retrospektive der militärischen Macht, die stählerne Ungetüme präsentiert, die in heutigen Kriegen durch Drohnentechnik so verwundbar wie nie sind.

Israel etwa setzte Drohnen ein, die es in den Iran geschmuggelt hatte, um die Luftabwehr des Landes auszuschalten. Erst danach schlugen Kampfflugzeuge zu. Die Ukraine zerstörte im Rahmen ihrer "Operation Spinnennetz" mit kostengünstigen Drohnen eine Vielzahl strategischer Bomber der russischen Luftwaffe. Aus dem Jemen beschäftigen die Huthi die amerikanische Flotte mit billigen Raketen und Drohnen. Die Schifffahrtswege im Roten Meer sind so nur schwierig, komplett zu schützen.

"Was Trump macht, ist falsch"

Neben den vielen Unterstützern Trumps, die nach Washington gekommen sind, zeigen sich auch Kritiker offen. So wie Tim Pohle, der ihn auf einem Schild als "Präsident Knochensporne" (President Bonespurs) bezeichnet. Trump wurde wegen der Diagnose entsprechender Fußprobleme ausgemustert und entging so einem Einsatz in Vietnam. Es ist unklar, ob Trump wirklich an dem Problem litt oder es vorgeschoben war.

Nie zuvor habe er so demonstriert, erklärt der 60-Jährige: "Was mich angetrieben hat, war, wie sich unser Militär gegen unsere eigenen Bürger gewandt hat", bezieht er sich auf die Situation in Los Angeles: "Was Trump macht, ist zutiefst falsch." Er habe großen Respekt vor dem Militär, sagt Tim Pohle, aber die Parade sei unamerikanisch. Wenn Panzer öffentliche Straßen entlang rollten, verbinde er das mit der Sowjetunion und Wladimir Putins Russland, mit den Kommunisten in China und mit Nordkorea.

Das US-Militär ist stolz darauf, apolitisch zu sein, viele Offiziere gehen deshalb nicht einmal wählen. Trump jedoch ist anscheinend nicht abgeneigt, auch die Streitkräfte ein wenig für sich einzuspannen. Bei einer Rede vor Soldaten schimpfte er zuletzt auf seinen Amtsvorgänger Joe Biden und Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom, was manche Uniformierte mit Buhrufen unterstützten. Trump ließ sich auch negativ über die Medien und Transgender aus. Kritiker sehen eine mögliche Politisierung des Militärs, wie es sie bislang nicht gab.

Bei der Parade in Washington steht Trump immer wieder auf und salutiert den vorbeiziehenden Truppen. Am Schluss vereidigt er einige Soldaten - und lässt sie darauf schwören, den Befehlen ihrer Vorgesetzten und des Präsidenten als Oberbefehlshaber zu folgen. "Ich habe darauf gewartet, dass er sagt: Und das bin übrigens ich", witzelt ein Besucher. Die Parade ist nun vorüber, aber es folgen noch ein paar Geburtstagsgrüße von Vize Vance, von Musikern an den Präsidenten - und von ihm selbst Politik. "Unsere Soldaten geben nie auf und ergeben sich nie", säuselt Trump: "Sie kämpfen, kämpfen, kämpfen", zitiert er sein Wahlkampfmotto von 2024: "Und sie gewinnen, gewinnen, gewinnen."

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