In der Hauptstadt fahren Panzer auf, im Rest des Landes demonstrieren Millionen Menschen gegen US-Präsident Trumps Kurs. Mit den bislang größten Protesten in Trumps zweiter Amtszeit drücken sie ihre Wut aus - und ihre Ängste.
Sie sei eine bibeltreue Christin, sagt Nina Moring. Deshalb verursache die Politik von US-Präsident Donald Trump bei ihr Übelkeit: "Jesus würde sich um die Schwächsten kümmern, um die Gesundheitsversorgung, er würde Migranten willkommen heißen." Trump aber wolle den Zugang zur Krankenversicherung beschränken und massenhaft abschieben. Moring ist 62 Jahre alt und mit ihrem Mann Mark in Philadelphia, um zu protestieren. Es sei schrecklich, was in den USA passiere, sagt sie. Moring hat ein Schild dabei, das Jesus auf einem Esel zeigt. "Echte Könige brauchen keine Panzer", steht darauf.
Am Samstag fand in der Hauptstadt Washington eine große Militärparade statt, zufälligerweise am Geburtstag des Präsidenten. Parallel wurde überall im Land demonstriert. Über 2000 Veranstaltungen wurden auf einer zentralen Website angezeigt: kleine Proteste mit ein paar Hundert Menschen und große Märsche, bei denen Hunderttausende mitliefen. Im republikanisch dominierten Texas und in demokratischen Hochburgen wie New York oder eben Philadelphia. Millionen Menschen fanden zusammen, vereint in der Ablehnung von Trumps Politik und der Parade am Abend.
Die Proteste unter dem Motto "Keine Könige" (No Kings) waren die bisher größten seit Trumps Amtsantritt. Teilnehmende prangerten seinen zunehmend autoritären Kurs an, forderten gerechte Gerichtsprozesse für alle und eine funktionierende Gewaltenteilung. Der Präsident hat seit seinem Amtsantritt Hunderte Anordnungen unterzeichnet, sich über zahlreiche Gerichtsurteile hinweggesetzt und versucht, den Kongress mit Drohungen auf seine Linie zu bringen. Zuletzt schickte er in Los Angeles die Nationalgarde und Marine-Soldaten auf die Straßen, weil es dort nach Abschiebe-Razzien auch zu gewaltsamen Protesten gekommen war. Der Einsatz des Militärs im Inland ist nur in Ausnahmezuständen zugelassen und umstritten.
Angst unter den Demonstranten
Am Samstag verliefen die meisten der Demonstrationen friedlich. Im Bundesstaat Minnesota wurde eine Veranstaltung nach Attentaten auf zwei demokratische Politiker abgesagt. In Salt Lake City wurde eine Person durch Schusswaffen schwer verletzt. In New York gab es nach CNN-Berichten mehrere Festnahmen. In Los Angeles setzte die Polizei Tränengas ein, um eine Menschenmenge zurückzudrängen.
Die dortigen Demonstrationen, die vorangegangenen Razzien und der Einsatz der Nationalgarde haben scheinbar etwas in Bewegung gesetzt: Einerseits gingen Millionen auf die Straßen, um ihre Ängste zu teilen. Andererseits machen die Abschiebungen und das Militär auch vielen Menschen Angst, auf die Straße zu gehen.
Der 21-jährige Sam Bender aus Philadelphia sagt, er kenne einige solcher Menschen. "Wir machen das hier heute vor allem für die, die sich nicht sicher genug fühlen, um ihre Häuser zu verlassen", so Bender. Er fühlt sich offensichtlich wohl auf der Abschlusskundgebung in Philadelphia - mit seinen Sommersprossen, der großen US-Flagge, in Begleitung seiner Mutter und seiner Schwester.
Eine Altersgenossin Benders dagegen will ihren Namen lieber nicht nennen, sie hat sich am Rand der Kundgebung postiert, mit einem Schild, auf dem steht: "US-Amerikanerin qua Geburt, im Herzen Mexikanerin". Sie sei für ihren Vater hier, sagt die junge Frau. Immer wieder bricht ihre Stimme weg, als sie erzählt. Ihr Vater sei wieder in Mexiko, aber kein Krimineller. Eine Träne setzt sich im Winkel ihres linken Auges fest. Sie wünsche sich, dass ihr Vater zurückkommen könne und dass in den USA weniger Hass herrsche. Die Frau sagt, sie sei Krankenschwester in einem Krankenhaus und werde von Patienten wegen ihrer Hautfarbe immer wieder angefeindet.
Auf der Demonstration geht es äußerst gesittet zu, die Ordnungskräfte am Rande der Veranstaltung plaudern untereinander und teilweise auch mit Teilnehmenden. Als eine Demonstrantin stolpert und zu Boden geht, eilen mehrere Menschen zu Hilfe. Wie es ihr gehe, fragen sie. Die Frau rappelt sich auf: "Besser als dem Land."
Nina Mohring setzt auf Gebete als Heilmittel. Sie arbeite hart daran, nicht zu verzweifeln, sagt sie, versuche, auf Gott zu vertrauen. "Ich bete für die Absetzung dieser Regierung", sagt sie. "Und dass es bei Trumps Parade regnet."
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