Die Woche in den USA endete, wie sie begann – mit Militär auf Amerikas Straßen. Am Dienstag rückten Marineinfanteristen in Los Angeles zum Einsatz gegen Demonstranten ein, am Samstag marschierten Soldaten in der Hauptstadt Washington zur Feier des 250-jährigen Bestehens des US-Heeres.
Für Donald Trump ein besonderes Ereignis. Seit er 2017 bei der Militärparade in Paris zu Gast war, hatte er den Wunsch, selbst eine auszurichten. Der Armeegeburtstag dieses Jahr bot die perfekte Gelegenheit. Dass Trump selbst an diesem Samstag seinen eigenen 79. Geburtstag feierte, ist offiziell reiner Zufall.
Für die tausenden Zuschauer nicht. Sie trugen MAGA-Kappen, Trump-Fahnen und T-Shirts, um an diesem Tag ihren Präsidenten zu feiern. Am Ende stimmten sie Happy Birthday an. Unter normalen Umständen hätte man die Konzeption der Parade als historischen Tribut an die Verdienste der Armee interpretieren können. Doch das Ereignis wurde von den Geschehnissen einer Woche überschattet, in der die Grenzen zwischen Militär und Zivilbevölkerung zunehmend verschwammen.
Trump hatte am Samstagmorgen viel zu tun. Der Nahostkrieg erforderte seine volle Aufmerksamkeit. Er musste mit Wladimir Putin telefonieren, besprach sich mit EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Doch ein anderer Gedanke trieb ihn trotzdem um: Wie wird das Wetter heute?
„Unsere großartige Militärparade findet statt, Regen oder Sonne“, schrieb er auf Truth Social und ergänzte: „Eine Regenparade bringt Glück.“ Abseits von ein bisschen Nieselregen zu Beginn blieb es trocken. Mit quietschenden Rädern konnten die Panzer gemächlich über die Constitution Avenue rollen und rund 7000 Soldaten aus allen Bereichen der US-Armee, darunter der Nationalgarde, Reservisten, Spezialeinheiten oder der Eliteakademie West Point im Gleichschritt marschieren. Es gab etwa 150 Militärfahrzeuge, darunter moderne Kampfpanzer wie der Abrams, Bradley-Schützenpanzer und eine Vielzahl an historischen Wagen aus dem 1. Weltkrieg zu sehen. In der Luft sorgten 50 Militärflugzeuge, Hubschrauber und Fallschirmspringer für Begeisterung beim Publikum.
Es war die erste Militärparade in Washington seit über drei Jahrzehnten. Zuletzt gab es einen Aufmarsch von Soldaten und Gerät 1991 nach dem Golfkrieg. Dass Trump nun das 250-jährige Bestehen der Armee zum Anlass nahm, wieder eine zu veranstalten, ist einerseits seinem langjährigen Verlangen danach geschuldet, aber auch seinem Willen, das Militär weiter zu politisieren.
Schon am Dienstag trat der Präsident bei Feierlichkeiten auf der Basis in Fort Bragg vor Soldaten auf, und hielt eine hochpolitische Rede. Er lästerte über Demokraten, bezeichnete Demonstranten in Los Angeles als „Tiere“ und wiederholte seine widerlegte Behauptung, dass die Wahl 2020 gestohlen worden sei. Wie der „Rolling Stone“ berichtete, soll die Armeeführung dafür gesorgt haben, dass „keine fetten Soldaten“ und keine, die Trump nicht zujubeln wollen, im Publikum vertreten waren.
Auch verteidigte er die Entsendung der Marineinfanteristen nach Los Angeles. Er erklärte, dass die Entsendung der Truppen notwendig sei, um die Stadt zu „befreien“ und sie „wieder frei, sauber und sicher“ zu machen. Schließlich sei sie von kriminellen Banden und ausländischen Agitatoren belagert. Dieselbe Begründung lieferte er bereits für die Entsendung der Nationalgarde gegen den Willen des kalifornischen Gouverneurs Gavin Newsom.
Die Botschaft war klar: Es werde um jeden Preis für Ordnung gesorgt, notfalls auch mit dem Militär. Um die Drohung noch konkreter zu machen, führte er am Montag aus, was denen passieren werde, die es wagen würden, die Ordnungshüter anzuspucken. Man werde sie „schlagen“, sagte Trump öffentlichkeitswirksam.
Die Normalisierung von Gewalt gegen Demonstranten setzte am Donnerstag ein Sheriff in Florida fort. In einer bemerkenswerten Ansprache erklärte Wayne Ivey im Brevard County, mit aller erdenklichen Härte gegen Provokateure vorgehen zu wollen. „Wenn du uns anspuckst, gehst du ins Krankenhaus und dann ins Gefängnis“, drohte er. Damit nicht genug. „Wenn du einen Stein wirfst, werden wir deine Familie benachrichtigen, wo sie deine Leiche abholen kann“, sagte Ivey.
Mit Rhetorik wie dieser und der Entsendung von Nationalgarde und Marines in Los Angeles sollten die Menschen landesweit eingeschüchtert werden. Trump selbst sagte in Fort Bragg über seine Strategie: „Wenn wir das nicht mit Härte bekämpfen, haben wir das bald überall.“ Sein Ziel hat er nicht erreicht. Landesweit fanden am Samstag in rund 2000 Städten Proteste statt. Ihr Motto „No Kings“ – keine Könige. Die größten gab es in New York, Philadelphia und Los Angeles. Aber auch in traditionell republikanischen Bundesstaaten, wie South Carolina und Idaho kam es zu größeren Versammlungen.
Der Protest in Minneapolis musste abgesagt werden, nachdem ein 57-jähriger Mann als Polizist verkleidet zwei demokratische Politiker und ihre Ehepartner erschossen hatte. In seinem Auto wurde eine Namensliste von weiteren Politikern, die sich für Abtreibung und Transgenderrechte einsetzen und mehrere Flyer für Anti-Trump-Proteste unter dem Motto „No Kings“ gefunden. „Es handelt sich offenbar um einen politisch motivierten Mord“, sagte der Gouverneur von Minnesota, Tim Walz, der 2024 der Vizepräsidentschaftskandidat von Kamala Harris gewesen war. „Wir alle, in Minnesota und im ganzen Land, müssen uns gegen alle Formen politischer Gewalt stellen.“
Gregor Schwung berichtet für WELT seit 2025 als US-Korrespondent aus Washington, D.C. Zuvor war er als Redakteur in der Außenpolitik-Redaktion in Berlin für die Ukraine zuständig.
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