Israel hat in der Nacht auf Freitag dutzende militärische und nukleare Ziele im Iran angegriffen. Der Iran antwortete mit rund 100 Drohnen, die vom Iran aus in Richtung Israel starteten – ein Großteil konnte aber laut israelischem Militär abgefangen werden. Die israelische Regierung hatte mit einem unmittelbaren Gegenangriff gerechnet, im Land wurde der Ausnahmezustand verhängt. Ein Überblick.
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Welche Ziele wurden getroffen? Das israelische Militär griff nach eigenen Angaben mehr als 100 Ziele im Iran an. An dem Einsatz seien 200 Kampfjets beteiligt gewesen. Explosionen gab es demnach rund um die Hauptstadt Teheran, aber auch an anderen Orten des Landes.
Ein zentrales Ziel des israelischen Großangriffs war das iranische Atomprogramm. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu meldete erfolgreiche Attacken, „das Herzstück“ des iranischen Atomprogramms sei angegriffen worden. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) bestätigte einen Angriff auf die Uran-Anreicherungsanlage in Natans. Das staatliche Fernsehen im Iran berichtete über Rauch an der Atomanlage. Erhöhte Strahlenwerte wurden bisher nicht gemessen. „Durch den Angriff wurden mehrere Teile der Anlage beschädigt. Die Ermittlungen zum Ausmaß des Schadens dauern an“, hieß es von der iranischen Atombehörde.
IAEA-Chef Rafael Grossi informierte den israelischen Präsidenten Jitzchak Herzog über „schwere Schäden“ an der Anlage.
Außerdem sei „das Herz von Irans Programm für ballistische Raketen“ getroffen worden, sagte Netanjahu. Auch das Hauptquartier der Revolutionsgarden in Teheran wurde laut Israel getroffen. Ziel des Angriffs war auch, die Raketenabwehr des Irans auszuschalten. Im Zuge der Angriffe seien dutzende Radaranlagen sowie Abschussrampen für Boden-Luft-Raketen zerstört worden, hieß es in einer Mitteilung des Militärs.
Netanjahu bezeichnete die Angriffe in den frühen Morgenstunden als „Eröffnungsschlag“. Er sagte zudem: „Diese Operation wird so viele Tage andauern, wie es braucht, um diese Bedrohung zu beseitigen.“
Gibt es Opfer? Der Kommandeur der mächtigen Revolutionsgarden, Generalmajor Hussein Salami, sei bei einer Attacke auf das Hauptquartier des Oberkommandos der Revolutionsgarden getötet worden, meldete die Nachrichtenagentur Tasnim. Getötet wurde auch Generalmajor Gholamali Raschid. Er leitete das Hauptquartier der Revolutionsgarde in Chatam al-Anbia. Zuvor war er stellvertretender Stabschef der iranischen Streitkräfte und kämpfte in den 1980er-Jahren im Irak-Krieg. Die Revolutionsgarden sind Irans Elitestreitmacht. Auch Generalstabschef Mohammed Bagheri ist tot.
Iranische Staatsmedien berichteten, dass bei dem Angriff auch sechs Atomwissenschaftler getötet worden seien. Darunter ist der Atomwissenschaftler Fereydun Abbassi. Er war von 2011 bis 2013 Vorsitzender der iranischen Atomenergieorganisation. Der Hardliner war von 2020 bis 2024 Abgeordneter des Parlamentes. Zudem berichteten iranische Staatsmedien von etwa 50 Verletzten, darunter Frauen und Kinder.
Wie fällt der iranische Gegenangriff aus? Irans Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei drohte Israel als Reaktion auf den nächtlichen Großangriff mit Vergeltung. Israel müsse mit „einer harten Bestrafung“ rechnen, wurde der Religionsführer in einer Mitteilung seines Büros zitiert.
Am Morgen meldeten die israelischen Streitkräfte, der Iran habe rund 100 Drohnen auf israelisches Staatsgebiet abgefeuert. Noch nicht alle vom Iran gestartete Drohnen seien abgefangen worden. „Aber es wurde eine große Zahl zerstört“, erklärte ein israelische Militärfunktionär nach Informationen von WELT.
Waren die USA vorab informiert? Die USA sind Regierungsangaben zufolge nicht an dem israelischen Angriff beteiligt. Die oberste Priorität der USA sei der Schutz der eigenen Truppen und Einrichtungen in der Region, erklärte kurz nach dem Beginn der Angriffe US-Außenminister Marco Rubio. Israel habe demnach die USA darüber informiert, dass es diese Aktion für seine Selbstverteidigung für notwendig halte. US-Präsident Trump und seine Regierung hätten alle erforderlichen Schritte zum Schutz der US-Truppen unternommen und stünden in engem Kontakt mit regionalen Partnern. „Lassen Sie es mich klar sagen: Der Iran sollte keine US-Ziele oder Personal angreifen“, fügte Rubio hinzu.
Kurz zuvor hatte Trump erklärt, dass er einen israelischen Angriff auf iranische Atomanlagen nicht für ausgeschlossen halte. „Ich möchte nicht sagen, dass er unmittelbar bevorsteht, aber es sieht so aus, als ob es etwas ist, das sehr wohl passieren könnte.“ Er rief Israel angesichts der laufenden Verhandlungen über ein Atomabkommen mit Teheran auf, einen solchen Angriff zu unterlassen. „Wir stehen kurz vor einer ziemlich guten Einigung“, sagte Trump. „Ich will nicht, dass sie reingehen, weil ich glaube, es könnte alles vermasseln.“
Später bekräftigte er noch einmal sein Streben nach einer Verhandlungslösung. „Wir setzen uns weiterhin für eine diplomatische Lösung ein“, schrieb Trump am Donnerstag in seinem Onlinedienst Truth Social. „Meine gesamte Regierung ist angewiesen, mit dem Iran zu verhandeln.“ Teheran müsse aber „die Hoffnung vollständig aufgeben, eine Atomwaffe zu erlangen“.
Wie begründete Israel seinen Angriff? Der Iran hatte am Donnerstag, nur wenige Stunden vor dem Angriff, den Bau einer weiteren Nuklearanlage angekündigt. Das iranische Atomprogramm stelle eine existenzielle Bedrohung für Israel dar, begründete ein israelischer Militärvertreter den Angriff. Der Iran habe mit seinem Nuklearprogramm vor einem entscheidenden Schritt gestanden, erklärte das Militär. Neue Geheimdienstinformationen hätten gezeigt, dass das Land bei der Entwicklung einer Atombombe kurz vor einem „point of no return“ gestanden habe.
Netanjahu erklärte unterdessen in einer Ansprache auf YouTube, sein Land habe „eine gezielte Militäroperation gestartet, um die iranische Bedrohung für Israels Überleben zurückzudrängen“. Die „Tyrannen in Teheran“ würden seit Jahrzehnten offen die Zerstörung Israels fordern. Ihre „Völkermord-Rhetorik“ hätten sie mit dem Atomprogramm untermauert. In den vergangenen Monaten habe der Iran Schritte unternommen, sein angereichertes Uran als Waffe zu nutzen. „Wenn das nicht verhindert wird, kann der Iran innerhalb kürzester Zeit eine Atomwaffe herstellen“, erklärte Netanjahu. Er fügte hinzu, dass die Angriffe „so viele Tage fortgesetzt werden, wie nötig sind, um diese Bedrohung zu beseitigen.“
Wie bereitet sich Israel auf den iranischen Gegenangriff vor? In Israel wurde mittlerweile der Ausnahmezustand verhängt. „Nach dem Präventivschlag des Staates Israel gegen den Iran wird in unmittelbarer Zukunft ein Raketen- und Drohnenangriff gegen den Staat Israel und seine Zivilbevölkerung erwartet“, teilte der israelische Verteidigungsminister Israel Katz mit und kündigte an, die Schulen im Land würden am Freitag geschlossen bleiben. Auch der Luftraum über Israel wurde geschlossen.
Wie fallen die internationalen Reaktionen auf den israelischen Angriff aus? UN-Generalsekretär António Guterres reagierte kritisch auf die israelischen Angriffe. Er fordert sowohl Israel als auch den Iran zu äußerster Mäßigung auf. Es müsse um jeden Preis verhindert werden, dass die Lage in der Region in einen noch heftigeren Konflikt abgleite, erklärte Guterres laut einem Sprecher. Dies könne sich der Nahe Osten nicht leisten. Guterres verurteile jedwede Eskalation.
Der britische Premierminister Keir Starmer rief alle Parteien zur Deeskalation auf. Man müsse dringend einen Schritt zurücktreten und die Spannungen abbauen, sagte Starmer. Er forderte Zurückhaltung und eine Rückkehr zu diplomatischen Bemühungen.
Bundeskanzler Friedrich Merz telefonierte am Morgen mit Netanjahu. Der israelische Premier habe ihn dabei über die Militäraktionen und deren Ziele informiert, heißt es in einer Mitteilung des Bundespresseamts. „Anschließend habe ich zu einer Sitzung des Sicherheitskabinetts der Bundesregierung eingeladen. Auf der Grundlage der uns zur Verfügung stehenden Informationen haben wir die Lage beraten“, wird Merz darin zitiert. „Wir bekräftigen, dass Israel das Recht hat, seine Existenz und die Sicherheit seiner Bürger zu verteidigen.“ Zugleich ruft Merz „beide Seiten auf, von Schritten abzusehen, die zu einer weiteren Eskalation führen und die gesamte Region destabilisieren können“.
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