Ein „Müllhaufen“ sei Los Angeles, ein „trash heap“, und er werde die Stadt befreien. Das sagte US-Präsident Donald Trump am Dienstag (Ortszeit) in einer Rede vor Soldaten in Fort Bragg anlässlich des 250. Jahrestages der US-Armee. Zuvor hatte er behauptet, die Stadt wäre komplett niedergebrannt worden, wenn er nicht gehandelt hätte.
In Los Angeles kommt es seit einigen Tagen zu teils gewaltsamen Protesten gegen die Einwanderungspolitik der US-Regierung. Trump entsandte als Reaktion darauf 4000 Soldaten der Nationalgarde sowie 700 Marines in die kalifornische Metropole – gegen den Willen des Gouverneurs des Bundesstaats, Gavin Newsom.
Dieser betont bisher stets, dass die Proteste sehr eng begrenzt und unter Kontrolle seien. Tatsächlich kamen aus der Stadt zwar dramatische Bilder, die Szenen spielten sich jedoch nur in einigen wenigen Straßenzügen in der Innenstadt und in angrenzenden Vierteln statt. 99 Prozent der Stadt sind nicht betroffen, dort ging das Leben in den vergangenen Tagen seinen gewohnten Gang, weder von Protesten noch von Soldaten ist dort bisher irgendetwas zu sehen.
Das steht im Kontrast zu den martialischen Worten Trumps. „Wir werden nicht zulassen, dass eine amerikanische Stadt von einem ausländischen Feind überfallen und erobert wird“, sagte Trump am Dienstag vor den Soldaten in Fort Bragg weiter. „Wir werden alle uns zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um die Gewalt zu beenden und Recht und Ordnung sofort wiederherzustellen.“ Man werde nicht mehrere Tage auf den Anruf eines Gouverneurs warten, der niemals anrufen werde.
Generationen von Soldaten hätten ihr Blut nicht an fernen Küsten vergossen, um dann zuzusehen, wie das eigene Land durch „eine Invasion und die Gesetzlosigkeit der Dritten Welt“ zerstört werde, so der Republikaner. „Ich werde das niemals geschehen lassen.“ Die Demonstranten in Los Angeles seien „Tiere“. „Sie tragen stolz die Flaggen anderer Länder, aber sie tragen nicht die amerikanische Flagge“, fügte Trump an. „Diese Anarchie wird nicht hingenommen werden.“
Die Demonstranten in Los Angeles brachte er in direkten Zusammenhang mit „unkontrollierter Migration“, und er rief Europa auf, ebenfalls zu handeln. „Wie die ganze Welt jetzt sehen kann, führt unkontrollierte Migration zu Chaos, Missständen und Unordnung“, sagte Trump. Dies geschehe auch „in vielen der Länder Europas“. Diese Staaten sollten „lieber etwas tun, bevor es zu spät ist“.
Trumps Gegner vor Ort, der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom, reagiert vor allem mit juristischen Mitteln. Am Dienstag (Ortszeit) reichte er einen Eilantrag bei einem Bundesgericht ein, mit dem er die Trump-Regierung daran hindern will, Nationalgardisten und Marineinfanteristen bei Razzien gegen Einwanderer in Los Angeles einzusetzen. Die Razzien der Einwanderungsbehörde ICE, bei denen rund 40 Migranten ohne Papiere festgesetzt wurden, hatten die Proteste ausgelöst.
Der Antrag des Gouverneurs war eine Reaktion auf eine Änderung der Befehle für die Mitglieder der Garde, die ursprünglich zum Schutz von Bundesgebäuden eingesetzt worden waren. Der Einsatz der Truppen bei Razzien würde die Spannungen nur noch verschärfen und zivile Unruhen fördern, hieß es in den Gerichtsunterlagen. Eine Anhörung ist für Donnerstag angesetzt.
Der stellvertretende Leiter der Rechtsabteilung des kalifornischen Militärministeriums, Paul Eck, sagte, die Behörde sei darüber informiert worden, dass das Pentagon plane, die kalifornische Nationalgarde anzuweisen, mit der Unterstützung der Razzien zu beginnen. Das umfasse die Sicherung von Gebieten, in denen die Razzien stattfinden, hieß es.
Zuvor hatte Kalifornien bereits Klage eingereicht gegen Trumps Entscheidung, die Kontrolle über die Nationalgarde des Bundesstaats ohne Newsoms Zustimmung zu übernehmen.
Marineinfanteristen und Nationalgardisten dürfen laut dem sogenannten Posse-Comitatus-Gesetz keine Aufgaben der Strafverfolgung übernehmen. Auch Marine Corps General Eric Smith betonte am Dienstag, dass die Marines, die in der Gegend stationiert sind, bisher nicht zu den Protesten gerufen wurden und lediglich zum Schutz von Bundesbeamten und Bundesgebäuden in der Stadt gewesen seien.
Bislang hat sich Trump noch nicht auf das Aufstandsgesetz berufen, das ihnen eine Strafverfolgung ermöglichen würde, ließ diese Möglichkeit aber offen. Das Gesetz ermächtigt den Präsidenten, in bestimmten Situationen militärische Einsatzkräfte innerhalb der USA einzusetzen, um eine Rebellion zu verhindern. „Wenn es einen Aufstand gibt, würde ich das sicherlich in Anspruch nehmen. Wir werden sehen“, sagte Trump am Dienstag aus dem Oval Office.
Demokraten sprechen von „künstlicher Krise“
Die Demokraten werfen Trump unterdessen vor, mit seinem Befehl, Tausende Nationalgardisten und Hunderte Marines zu entsenden, eine „künstliche Krise“ in Los Angeles herbeigeführt zu haben.
„Es ist ein gezielter Versuch Trumps, Unruhen zu schüren, die Grenzen der Exekutivgewalt auszutesten und von der Gesetzlosigkeit seiner Regierung abzulenken“, sagte der Abgeordneter Jimmy Gomez am Dienstagmorgen bei einer Pressekonferenz im US-Kapitol.
Der Abgeordnete Jimmy Panetta sagte, Trumps Entscheidung, das Militär zu entsenden, sei darauf ausgerichtet gewesen, „ihm das Image zu geben, ihm den Kampf zu ermöglichen und ihm die Bilder zu liefern, die er will.“ Und die Abgeordnete Nancy Pelosi verglich Trumps aktuelles Handeln mit seinem Umgang mit dem Aufstand vom 6. Januar 2021 im US-Kapitol, als Polizeibeamte tätlich angegriffen wurden. „Wir haben den Präsidenten der Vereinigten Staaten angefleht, die Nationalgarde zu entsenden. Er hat es nicht getan“, sagte Pelosi.
Trump wiederum wirft dem Gouverneur Kaliforniens Komplizenschaft mit radikalen Demonstranten in Los Angeles vor. Newsom und die Bürgermeisterin von Los Angeles, Karen Bass, hätten „Unruhestifter, Aufwiegler und Aufrührer bezahlt“, behauptete Trump ohne jeden Beleg bei einer Rede auf dem Militärstützpunkt Fort Bragg im US-Bundesstaat North Carolina. „Sie sind an diesem vorsätzlichen Versuch beteiligt, das Bundesgesetz außer Kraft zu setzen und die Besetzung der Stadt durch kriminelle Eindringlinge zu unterstützen.“
Trump überzieht den Demokraten seit Tagen mit schweren Anschuldigungen und greift den 57-Jährigen wiederkehrend verbal an. So hatte er Newsom unter anderem beschuldigt, nichts gegen die Proteste zu tun. Zeitweise hatte Trump sogar öffentlich Zustimmung für die Idee geäußert, Newsom notfalls festnehmen zu lassen, falls dieser die Arbeit der US-Regierung behindern sollte.
Trump hat auch bereits mehrfach öffentlich behauptet, dass die Demonstranten in LA bezahlt würden. Wie oft bei derlei Anschuldigungen hat er dafür aber keine Belege genannt oder vorgelegt. Trump sagte lediglich, das Justizministerium werden herausfinden, wer dahinterstecke.
Während die Mehrheit der Republikaner hinter dem harten Kurs Trumps steht, gibt es in Kalifornien auch leise Kritik aus seiner Partei. So äußerte sich David Valadao, ein gemäßigter Republikaner, der einen Großteil des San Joaquin Valley vertritt, besorgt über die Ereignisse in Los Angeles und rief zu friedlichen Protesten auf. Er fügte hinzu, er habe gegenüber der Trump-Regierung Bedenken hinsichtlich der Durchführung von ICE-Razzien im Golden State geäußert.
„Ich unterstütze das Recht auf friedlichen Protest gemäß dem Ersten Verfassungszusatz, aber die Gewalt und der Vandalismus in Los Angeles sind inakzeptabel. Ich stehe an der Seite unserer Polizeibeamten, die sich dafür einsetzen, die Menschen zu schützen und die Kontrolle über die Situation zurückzugewinnen“, schrieb Valadao in den sozialen Medien.
„Ich bin weiterhin besorgt über die laufenden ICE-Operationen in ganz Kalifornien und werde meine Gespräche mit der Regierung fortsetzen und sie dringend bitten, der Festnahme bekannter Krimineller Vorrang vor den hart arbeitenden Menschen zu geben, die seit Jahren friedlich im Valley leben.“
Unterdessen springen die Proteste inzwischen auch auf andere Städte in den USA über. Von Seattle über Austin bis zur Hauptstadt Washington skandierten am Dienstag Demonstranten Parolen, trugen Schilder gegen die Einwanderungs- und Zollbehörde und behinderten den Verkehr in den Innenstädten und vor Bundesbehörden. Viele Demonstrationen verliefen friedlich, doch kam es auch zu Zusammenstößen mit der Polizei, als Beamte Festnahmen vornahmen und Reizspray einsetzten, um die Menschenmengen zu zerstreuen.
Aktivisten planen zudem für die kommenden Tage weitere und noch größere Demonstrationen. Am Samstag sollen landesweit sogenannte „No Kings“-Veranstaltungen stattfinden, parallel zu der geplanten großen Militärparade in Washington an Donald Trumps Geburtstag.
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