Am Donnerstagabend deutscher Zeit trifft Bundeskanzler Merz US-Präsident Donald Trump erstmals persönlich. Es ist das wichtigste Treffen seiner jungen Kanzlerschaft und vermutlich das wichtigste des Jahres. Drei Themen werden das Treffen bestimmen.
Die Anspannung ist mit den Händen zu greifen - wenn Bundeskanzler Friedrich Merz am Abend ins Flugzeug nach Washington steigt, begibt er sich auf eine schwierige Mission. Im Weißen Haus wartet Präsident Donald Trump auf ihn. Was früher ein Besuch unter Freunden gewesen wäre, ist jetzt eine brutal schwierige Mission.
So ein Besuch kann vollkommen schief gehen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wurde abgekanzelt und rausgeworfen. Cyril Ramaphosa, der südafrikanische Präsident, musste sich Tiraden über Rassismus gegen Weiße anhören. Und Deutschland ist einer der Lieblingsgegner Trumps. Stichwort deutsche Autos in den USA, Stichwort Verteidigung, Stichwort angebliche Einschränkung der Meinungsfreiheit. Immer ist Deutschland die Zielscheibe. Was wird Trump davon abhalten, sich Merz so richtig vorzuknöpfen? Zumal sein Vize JD Vance offen die AfD unterstützt.
Hinzu kommt: Diese Reise ist verdammt wichtig. Gelingt es Merz, einen Draht zu Trump aufzubauen, kann das bei mindestens drei großen Themen weiterhelfen: Der Ukraine, dem gemeinsamen Handel und der gemeinsamen Verteidigung in der Nato.
Ukraine und Sanktionen
Merz steht fest an der Seite der Ukraine und hätte gern, dass Trump das auch tut. Doch der will gar nicht, sieht sich eher als Vermittler. Träumt davon, Frieden zu stiften und das Problem ein für allemal abzuräumen. Ihm wird nachgesagt, er spekuliere auf den Friedensnobelpreis.
Merz will Trump zu gemeinsamen Sanktionen bewegen. Für Trump wäre das ein großer Schritt - er müsste die Vermittlerrolle aufgeben. Auf keinen Fall will er in einen Konflikt hineingezogen werden. Die von seinem Vorgänger Joe Biden erlassenen Sanktionen gelten zwar weiterhin, auch Waffen liefern die USA noch immer - aber nichts davon geschah auf Trumps Wunsch.
Merz reist in einem eher günstigen Moment nach Washington. Nach den massiven Luftangriffen Russlands zeigte Trump sich ziemlich enttäuscht über Putin. Gerade erst sagte er nach einem langen Telefonat mit Putin, Frieden sei nicht in Sicht. Zugleich macht der Senat Druck für mehr Sanktionen. Die Idee dazu hatte der Republikaner Lindsey Graham, der am Montag in Berlin weilte und mit Merz sprach. Der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ sagte Graham, Merz solle Trump dafür danken, die Sanktionen gegen Syrien aufgehoben zu haben. Er solle zeigen, wie Deutschland den Einsatz erhöhen werde. Dass Europa bereit sei, „Schmerzen zu ertragen“.
Handel und Zölle
Trump macht, was ihm nützt - feste Überzeugungen scheint er nicht zu haben. Es sei denn, es geht um Zölle. Ausgerechnet von denen scheint er aber felsenfest überzeugt zu sein. Seit Jahrzehnten fordert er sie. Dabei geht es ihm vorrangig um China. Doch knapp dahinter rangiert schon die EU. Die sei nur gegründet worden, um die USA über den Tisch zu ziehen, behauptet er. Was Blödsinn ist - sie wurde gegründet, um den innereuropäischen Handel und Frieden zu fördern.
Trump glaubt, es gebe ein massives Handelsdefizit der USA mit der EU. Dabei lässt er aber Dienstleistungen außer Acht. Mit Dienstleistungen im Netz verdienen US-Konzerne wie Meta (Facebook, Instagram, WhatsApp), Alphabet (Google, Youtube) und Apple Milliarden und Abermilliarden in Europa - Summen, die in Trumps Rechnungen gar nicht vorkommen.
Zugleich meint er, die Einfuhrumsatzsteuer sei ein Zoll. Wie gerade erst CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt im Bundestag klarstellte, ist sie das nicht. Wie jede Vorsteuer könne sie von der Steuerlast wieder abgezogen werden, sagte er. Merz wird versuchen müssen, Trump diese Zähne zu ziehen. Er wird dafür werben, Zölle abzubauen, sie möglichst auf Null zu setzen - eine Win-Win-Situation vorschlagen. Ansonsten könnte China an Einfluss in Europa gewinnen. Davor warnte gerade erst sein Parteifreund Norbert Röttgen im Bundestag.
Schritte hin zu einer Einigung erscheinen möglich. In den USA bekommt Trump rechtliche Schwierigkeiten. Ein Gericht hatte seine Zölle für illegal erklärt. Sie gelten nur weiter, bis es eine endgültige rechtliche Klärung gibt. Trump könnte es als Erfolg verkaufen, wenn er ein neues Handelsabkommen mit der EU präsentierte. Das könnte auch den Druck auf China erhöhen.
Sicher ist das aber alles nicht. Denn ursprünglich war sein Ziel, mit den Zöllen ganze Industrien in die USA zurückzuholen. Dafür müssten die Zölle intakt bleiben. Merz hat also gute Argumente. Aber ob sie bei Trump ankommen, ist völlig offen.
Verteidigung und Nato
Trump zufolge lassen sich die Europäer von den Amerikanern verteidigen und machen sich derweil einen lauen Lenz. Die Nato ist für ihn keine gemeinsame Allianz für Freiheit und Frieden. Aus seiner Sicht ist sie eine US-Dienstleistung an die Europäer - und die hält er für säumige Zahler. Die Kritik, dass die Europäer, insbesondere die Deutschen, zu wenig zur Nato beitragen, ist nicht unberechtigt. Viele Experten in Deutschland stimmen im Grundsatz zu.
Trump droht mehr oder weniger offen damit, aus der Nato auszutreten. Die wäre damit tot. Denn Truppen, Panzer und Flugzeuge ließen sich vielleicht noch irgendwie ersetzen. Nicht aber der nukleare Schutzschirm. Garantierten die USA nicht mehr die Sicherheit Europas mit ihren Atomraketen, wäre Europa Putins Drohungen ausgeliefert. Es wäre der größte anzunehmende Unfall der deutschen Außenpolitik. Das wäre allerdings auch nicht im Interesse der USA.
Immerhin, Merz hat gute Nachrichten für Trump. Deutschland wird seine Verteidigungsausgaben massiv erhöhen. Die Rede ist mittlerweile nicht mehr von zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes, sondern von fünf. Das ist aber ein mittelgroßer Etikettenschwindel. Denn eigentlich geht es um 3,5 Prozent für Verteidigung und 1,5 Prozent für Infrastruktur, die im Verteidigungsfall wichtig werden könnte. Das können also Brücken sein, über die dann Panzer rollen. Ein Nutzen für die Verteidigung lässt sich in vieles hineinargumentieren.
Trotzdem hat Merz gute Argumente. Die deutschen Verteidigungsausgaben werden massiv wachsen - genau das hatte Trump immer gefordert. Auch das kann Trump als seinen Erfolg verkaufen.
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