Das Berliner Verwaltungsgericht schiebt Dobrindts' Grenz-Zurückweisungen eigentlich einen Riegel vor. Der will trotzdem an seinem Kurs festhalten. Dafür kriegt der Innenminister auch vom eigenen Regierungspartner Gegenwind. Aber nicht nur die SPD mahnt.
Für die Entscheidung, ungeachtet des Berliner Asyl-Urteils an Zurückweisungen an den deutschen Grenzen festzuhalten, kriegen Innenminister Alexander Dobrindt und Bundeskanzler Friedrich Merz jede Menge Kritik auch aus der SPD. Bundesjustizministerin Stefanie Hubig sieht die Zurückweisung von Asylbewerbern nach dem Urteil grundsätzlich skeptisch. "Das Verwaltungsgericht Berlin hat nicht abschließend geklärt, ob Zurückweisungen von Asylsuchenden an den Grenzen mit europäischem Recht vereinbar sind", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Es wird aber nicht einfach werden, die Justiz davon zu überzeugen, dass diese Zurückweisungen rechtmäßig sind. Das letzte Wort hat der Europäische Gerichtshof."
Hubig betonte zugleich: "In einem Rechtsstaat wie Deutschland muss sich selbstverständlich auch die Regierung an Gerichtsentscheidungen halten. Deshalb ist klar: Die Eilentscheidungen des Berliner Verwaltungsgerichts müssen befolgt werden." Sie habe aber keinen Zweifel daran, dass dies auch geschehe. Die Antragsteller würden in Deutschland ein Verfahren nach den Dublin-Regeln erhalten.
Die SPD-Politikerin sagte weiter: "Alle Maßnahmen zur Begrenzung der irregulären Migration müssen im Einklang stehen mit europäischem Recht und Verfassungsrecht. Erfolg verspricht vor allem ein besserer Schutz der EU-Außengrenzen. Im neuen Gemeinsamen Europäischen Asylsystem wurden dazu weitere Maßnahmen vereinbart. Unsere Aufgabe als Regierung ist es, gerade auch GEAS zügig umzusetzen."
Anwaltverein: Zurückweisungen unverzüglich beenden
Auch die Obfrau der SPD-Bundestagsfraktion im Rechtsausschuss, Carmen Wegge, mahnt nach dem Urteil Rechtssicherheit an. "Aus unserer Sicht müssen wir den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin sehr ernst nehmen", sagte sie dem RND. "Unsere Haltung ist klar: Wir brauchen Rechtssicherheit für die Bundespolizei und stehen schon immer auf dem Standpunkt, dass das Handeln an den Grenzen selbstverständlich im Einklang mit dem Europarecht sein muss. Der Innenminister muss jetzt zusammen mit den Rechts- und Innenpolitikerinnen und Ministern den Sachverhalt prüfen und eine rechtssichere Lösung gewährleisten."
Drastischer formuliert es der Deutsche Anwaltverein. "Der Bundesminister des Inneren als Vertreter der Exekutive wäre gut beraten, die Entscheidungen des Berliner Verwaltungsgerichts zu respektieren und die Zurückweisungen von Schutzsuchenden unverzüglich zu beenden", sagte die Vorsitzende des DAV-Ausschusses Migrationsrecht, Gisela Seidler.
"Selbst wenn die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Berlin nur drei Fälle betreffen, ergibt sich sowohl aus der Tatsache, dass die Fälle wegen grundsätzlicher Bedeutung auf die Kammer übertragen wurden, als auch aus der ausführlichen 28-seitigen Begründung, dass es dem Gericht gerade nicht um den Einzelfall geht. Das Gericht legt vielmehr detailliert und überzeugend dar, dass sich aus der Dublin-III-Verordnung die Rechtswidrigkeit der Zurückweisung Schutzsuchender ergibt. Die Dublin-III-Verordnung ist geltendes Recht und dieses ist seitens der Exekutive auch dann zu befolgen, wenn es ihr nicht gefällt. Anderenfalls ist der Rechtsstaat in Gefahr."
Seidler fügte hinzu: "Auf eine Korrektur im Hauptsacheverfahren braucht der Bundesminister nicht hoffen: Das Verwaltungsgericht nimmt in der Entscheidung ausnahmsweise die Hauptsache vorweg, da den Betroffenen schwere und nicht rückgängig zu machende Nachteile drohten. Mit der Einreise der Antragstellerinnen und Antragsteller wird sich der Rechtsstreit damit in der Hauptsache erledigen."
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