Nach dem Willen der schwarz-roten Koalition soll der Weg für Kranke und Patienten in Deutschland in Zukunft fast immer über den Hausarzt führen, der dann gegebenenfalls weiter überweist. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung sieht das System jedoch nur für Ältere als sinnvoll an.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung warnt die schwarz-rote Koalition vor der flächendeckenden Einführung eines Primärarztsystems für gesetzlich Krankenversicherte. Dies sei eher für ältere Patienten sinnvoll, sagte der KBV-Vorsitzende Andreas Gassen der "Bild". Eine pauschale Altersgrenze, ab wann das Modell sinnvoll sei, gebe es nicht. Doch "ungefähr ab 50 macht es Sinn. Da sind relativ viele schon mit irgendwelchen Zipperlein in ärztlicher Behandlung", betonte Gassen.

Für eine gezieltere Steuerung und schnellere Vergabe von Terminen soll nach dem Willen der Koalition ein "verbindliches Primärarztsystem" durch Haus- und Kinderärzte eingeführt werden, die Patienten gegebenenfalls an Fachärzte überweisen - ausgenommen sein sollen Augenärzte und die Gynäkologie.

Gassen zufolge könne das System funktionieren, "wenn es sich um ältere multimorbide Patienten handelt, also Menschen, die verschiedene Erkrankungen haben, aus unterschiedlichen Bereichen, wo zum einen eine ordnende Hand im Sinne der hausärztlichen Praxis notwendig ist, um alle Befunde zusammenzuführen und wo auch gezielt zu fachärztlichen Kollegen überwiesen werden kann".

Der KBV-Chef sprach sich zugleich dafür aus, eine bessere Steuerung der Arztbesuche von Patienten über mehr Eigenbeteiligung zu erreichen. "Nehmen wir an, wir haben Menschen, die gehen nicht zum Hausarzt, die wollen sich auch nicht über die 116 117 medizinisch beraten lassen und suchen sozusagen den Facharzt Ihres persönlichen Wunsches auf, dann muss man vielleicht tatsächlich über Eigenbeteiligung nachdenken", sagte Gassen.

Dahmen: Risiko der realen Unterversorgung

Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen unterstützt das Steuerungskonzept, mahnt aber zugleich eine Entlastung der Hausärzte an. "Ein verpflichtendes Primärarztsystem kann helfen - aber nur, wenn es richtig gemacht wird", sagte Dahmen. Das Gesundheitssystem leide unter zu vielen unnötigen Arztbesuchen, langen Wartezeiten und unkoordinierten Abläufen.

Konkret forderte Dahmen für die Hausärzte "mehr Zeit durch Vorhaltepauschalen statt Quartalsabrechnung, mehr Unterstützung durch eigenständig arbeitendes nichtärztliches Praxispersonal und ein vernetztes, digitales Terminmanagement - ein System, das Ärztinnen und Ärzte nicht zu Facharzttürstehern und Überweisungsautomaten macht." Dahmen verwies darauf, dass im ländlichen Raum viele Hausärzte fehlen. Er warnte: "Wer dort eine Pflicht einführt, ohne tragfähige Lösungen zu schaffen, riskiert reale Unterversorgung."

Unterstützung bekommt die schwarz-rote Koalition bei ihren Primärarztsystem-Plänen vom Hausärztinnen- und Hausärzteverband. Deren Vorsitzende Nicola Buhlinger-Göpfarth sagte der "Bild", die Einführung des Modells würde je Hausarztpraxis zwei bis fünf zusätzliche Patienten am Tag bedeuten: "Und da sage ich Ihnen als Hausärztin, das ist ein Versprechen: Das machen wir." Generell seien Patienten in einem Hausarztprogramm besser versorgt.

Haftungsausschluss: Das Urheberrecht dieses Artikels liegt bei seinem ursprünglichen Autor. Der Zweck dieses Artikels besteht in der erneuten Veröffentlichung zu ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Anlageberatung dar. Sollten dennoch Verstöße vorliegen, nehmen Sie bitte umgehend Kontakt mit uns auf. Korrektur Oder wir werden Maßnahmen zur Löschung ergreifen. Danke