Wegen des Angriffskriegs in der Ukraine friert der Westen rund 300 Milliarden Euro an russischen Vermögenswerten ein. Bislang verwendet die EU nur die Zinserlöse daraus, um die Unterstützung der Ukraine zu finanzieren. Nun will die Union auch an die Vermögenswerte ran.

Unionsfraktionsvize Norbert Röttgen plädiert für die Beschlagnahmung eingefrorenen russischen Staatsvermögens zur Unterstützung der Ukraine. "Es sind insgesamt 300 Milliarden Euro an russischem Staatsvermögen eingefroren worden, davon rund 250 Milliarden in Europa", sagte der CDU-Politiker im "Welt"-Interview. Dieses Staatsvermögen sollte beschlagnahmt und für die Ukraine verwendet werden.

Die Bedenken, dadurch würden Investoren vom europäischen Kapitalmarkt abgeschreckt, halte er für wenig überzeugend: Abgeschreckt würden allein Investoren, die einen Angriffskrieg planen. "Na gut, wer das plant, sollte sich andere Anlageformen suchen", sagte Röttgen. Bisher nutzt die EU bereits "außerordentliche Einnahmen" - also Erträge - aus dem im Westen eingefrorenen Geld der russischen Staatsbank zur Unterstützung der Ukraine.

Zuvor hatte Bundeskanzler Friedrich Merz Mitte Mai mitgeteilt, eine Beschlagnahmung eingefrorener russischer Vermögen klären zu lassen. "Wenn es eine Möglichkeit gibt, das Geld auf sauberer juristischer Grundlage zu mobilisieren, werden wir es tun", sagte Merz.

Kanzleramtschef Thorsten Frei hatte in einem TV-Interview einen deutlich schärferen Kurs bei neuen Sanktionen für Russland gefordert. Dabei dachte der CDU-Politiker auch an europäische Importverbote etwa für Gas oder Uran sowie an einen Griff nach eingefrorenen russischen Staatsvermögen. "Aus meiner Sicht sind das exakt die Punkte, die Russland natürlich wirklich wehtun würden und damit auch die Wirkung entfalten, die wir mit den Sanktionen eigentlich beabsichtigen."

Frei: Europäer müssen aus ihrer "Komfortzone"

Um den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu treffen, müssten die Europäer aus ihrer "Komfortzone" kommen. "Ich bin sehr dafür, dass man diesen Weg geht, weil wir ja gesehen haben in der Vergangenheit, dass Russland im Grunde genommen nur die klare Sprache akzeptiert, annimmt und versteht", führte Frei weiter aus.

Bei den Sanktionen gegen den russischen Finanzmarkt habe es in der Vergangenheit eine gewisse Zurückhaltung gegeben. Bisher nutzen die G7-Staaten die Erträge aus dem im Westen eingefrorenen Geld der russischen Staatsbank in dreistelliger Milliardenhöhe, um einen Kredit für die Ukraine zu finanzieren. Aber man müsse an einen Punkt kommen, "wo diese Sanktionen eben tatsächlich auch eine echte Mehrbelastung gegenüber dem Status quo bedeuten", sagte Frei.

Kiew fordert in einem Weißbuch, russische Vermögenswerte zu beschlagnahmen und Sanktionen gegen Abnehmer russischen Öls zu verhängen. Der Berater im ukrainischen Präsidentenbüro, Mychajlo Podoljak, hatte sich für die Übergabe eingefrorener russischer Vermögenswerte an Kiew ausgesprochen, um den Haushalt zu stärken. Sie einzuziehen, wie gefordert wird, ist im G7-Kreis derzeit jedoch keine Option.

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