Über die Friedensabsichten des Kreml wird in manchen Kreisen gerne gerätselt. Für den Militärexperten Lange ist allerdings klar: Putin hat kein Interesse an einem Waffenstillstand. Das dürften auch die Kiewer vergangene Nacht so gesehen haben.
Der Militärexperte Nico Lange geht davon aus, dass Russlands Präsident Wladimir Putin noch deutlich mehr ukrainisches Territorium erobern will. "Putin hatte nie einen Waffenstillstand vor. Er nutzt die Diskussion, um militärisch Fakten zu schaffen", sagte Lange der "Bild"-Zeitung. Vielmehr sei es Putins Ziel, drei weitere ukrainische Regionen zu erobern und in den bereits besetzten Gegenden den ukrainischen Widerstand zu ersticken.
"Russland wird versuchen, in die Gebiete Sumy, Charkiw und Dnipropetrowsk vorzudringen, um zusätzlich zu den vier auf dem Papier annektierten Gebieten neue Probleme für Verhandlungen zu produzieren." Lange zufolge haben dabei die Russen inzwischen die ukrainische Drohnen-Taktik erfolgreich kopiert. Mit Tausenden neuen Drohnen und elektronischen Kriegsführungsgeräten würden die Russen "Jagd auf ukrainische Logistik" machen und diese jeden Tag dutzendfach ausschalten.
Erst in der vergangenen Nacht griff die russische Armee auch ukrainische Städte mit Dutzenden Drohnen an. Nach ukrainischen Armeeangaben setzte Russland insgesamt 14 ballistische Raketen und 250 Kampfdrohnen ein, Hauptziel der Attacken war Kiew. Dort und in der angrenzenden Region wurden laut der Ukraine mindestens 17 Menschen verletzt.
Die Kiewer Stadtverwaltung berichtet von Bränden und herabgestürzten Trümmern in mehreren Teilen der Stadt. Nach dem Einflug erster Gruppen von Kampfdrohnen warnte Bürgermeister Vitali Klitschko die Bewohner der Metropole vor weiteren Angriffen. "Geht in Deckung", forderte er die Bewohner Kiews auf Telegram auf. Die Luftabwehr fing immerhin 6 Iskander-Raketen und 245 Schahed-Drohnen ab.
"Es war eine harte Nacht für die gesamte Ukraine"
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kritisierte Moskau nach dem Großangriff scharf. "Es war eine harte Nacht für die gesamte Ukraine", schrieb er auf Telegram. Dies sei ein neuerlicher Beweis dafür, dass Russland eine Waffenruhe zur Beendigung des Krieges blockiere. Er rief zudem dazu auf, den Druck zu erhöhen. Moskau könne nur durch "zusätzliche Sanktionen, die auf Schlüsselsektoren der russischen Wirtschaft abzielen", zu einer Waffenruhe bewegt werden, schrieb Selenskyj bei X. Russland ziehe den Krieg in die Länge.
Der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha klang ähnlich. Er schrieb auf X, dass Russland nach den ersten direkten Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau seit 2022 vor gut einer Woche in Istanbul das in Aussicht gestellte "Friedensmemorandum" noch immer nicht übermittelt habe. "Stattdessen schickt Russland tödliche Drohnen und Raketen auf die Zivilbevölkerung", sagte der Minister. "Dies ist Russlands Antwort auf die internationalen Friedensbemühungen und ein klarer Beweis dafür, dass ein verstärkter Sanktionsdruck auf Moskau notwendig ist, um den Friedensprozess zu beschleunigen."
Russland und die Ukraine hatten in Istanbul vereinbart, rund 1000 Gefangene auszutauschen. Am Freitag gaben beide Seiten jeweils 390 Gefangene zurück. An diesem Samstag und Sonntag soll der größte Gefangenenaustausch seit Kriegsbeginn fortgesetzt werden. Russland hat angekündigt, der Ukraine nach dem Gefangenenaustausch seine Bedingungen für eine Waffenruhe mitzuteilen.
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